"Hello my name is - German Graffiti" von Stefan Pohl im Maxim-Kino
Kunst oder doch Schmiererei?
Das mehr als 100 Jahre alte Münchner Maxim-Kino zeigt den Dokumentarfilm "Hello my name is - German Graffiti". Anschließend geht der Film auf weltweite Kinotour. Regisseur Stefan Pohl versucht darin das gesamte Spektrum einer Kunstform aufzuzeigen, die sich "auch mal über die Grenzen der Legalität hinwegsetzt".
Bereits 1983 hat der US-amerikanische Film „Wild Style“ Graffiti den Nicht-Sprühern erklärt. Er gab den Startschuss für das Wachsen von Graffiti-Szenen in der ganzen Welt. "Gerade die Szene in Europa und allen voran Deutschland war in den 80er und 90er Jahren ein großer Motor für die weitere Entwicklung von Graffiti", so Pohl. Um das Jahr 2000 erlebt Graffiti sogar einen regelrechten Boom. Und genau da setzt der Regisseur sein "schön aneinandergereihtes Zeitdokument" an, so der Münchner Sachbearbeiter vom Kulturreferat für Street Art und Graffiti David Kammerer alias Cemnoz.
Dieser Dokumentarfilm zeigt einen Querschnitt durch die Szene. Pohl begleitet darin klassisch und abstrakt arbeitende Künstler bei der Arbeit und gibt Einblicke in ihre Gedanken und Motivationen, um den "Blick auf diese Kunstform etwas zu schärfen und zu vertiefen". Es geht auch um Ausstellungen, Kunstmessen, fotografische Dokumentation und natürlich die Rechtslage – gut veranschaulicht durch Patrick Gau. Der Rechtsanwalt für Strafrecht fordert, dass Graffiti nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit angesehen werden sollte.
Durch 15 kurze Portraits zeigt der Regisseur einige interessante Künstler wie Life, Moses und Taps, ECB alias Hendrik Beikirch, die Jukebox Cowboys und Rüdiger Glatz, auch bekannt als Ruedione. Dabei steht jedes Kapitel für einen wichtigen Aspekt der Szene. So spielt etwa für den Sprüher Life Adrenalin eine entscheidende Rolle bei der Arbeit. Mit einer Kletterausrüstung seilt er sich von Häuserfassaden ab, um freie Arbeitsflächen zu finden. Für Otis ist Adrenalin eher sekundär – ihm geht es vor allem um Planung, Fotos und auch darum, dass viele seinen Namen kennen. Das Gegenteil bewegt Moses und Taps, deren Medium ebenso der Zug ist. Diese Graffitikünstler haben ihren Namen aufgegeben und durch eine Farbkombination von Blau und Gelb ersetzt.
Der Münchner 3D-Style-Sprüher Loomit, alias Mathias Köhler, gehört zu denen, die mit Graffiti öffentliche Räume professionell und vor allem legal gestalten. Interessant ist auch die Arbeit von den Jukebox Cowboys, die das Plattencover als Basisformat für ihre Graffitis benutzen. ECB arbeitet dafür in einem beinahe fotorealistischen Stil. Bemerkenswert sind auch die aus der Sicht eines Insiders fotografierten Projekte von Ruedione, in denen reale Personen zu Schattenwesen werden.
Insgesamt steht Pohls Aussage für den ganzen Film: Ob legal oder illegal, "Graffiti ist vielfältig. So vielfältig wie seine Styles sind auch die Leute, die es betreiben. Doch eines verbindet sie alle – die Liebe zu ihrer Kunst." Sein Versuch, dem Nicht-Sprayer einen Überblick über die Facetten dieser Subkultur zu geben, gelingt. Sein Film widerlegt die immer noch oft zu hörende Ansage: "Oh toll ein Gesicht, das ist Kunst aber diese Buchstaben, das ist ja Schmiererei". Offen bleibt allerdings die Frage, was der aktuelle Generationswechsel mit sich bringen wird.
"Hello my name is - German Graffiti", Kinostart im Münchner Maxim, Landshuter Allee 33; täglich 16.04. - 22.04.2015 um 21 Uhr (eine Verlängerung ist geplant), Dokumentarfilm, Deutschland 2014, 64 Minuten, Regie, Kamera und Schnitt: Produzent Stefan Pohl, FSK: 12
Anm.d.Red. vom 21.04.2015: Wie der Regisseur nun informiert, wird der Film vom 29.04. bis 06.05.2015 noch eine Woche täglich im Maxim zu sehen sein.