Die Lage ist gut, sehr gut sogar
Hintergrundrauschen gibt's hier nur vom Auer Mühlbach: Der Kulturempfang des Oberbürgermeisterns fand heuer auf dem Vorplatz zwischen Muffathalle und Ampere statt. Umlagert und begehrt wie in besten Zeiten war die geladene Veranstaltung wieder ein heiteres Klassentreffen der Münchner Kulturszene, ein guter Ort der Extremvernetzung sozusagen. Ein Stoßseufzer vieler Dauergäste war allerdings profanerer Natur: "Gottseidank ist es hier nicht so eng wie in den Kammerspielen im Vorjahr..." Anlass für den Ort war übrigens das 25-jährige Bestehen des Muffatwerks, auch wenn das offizielle Geburtstagsdatum erst im September begangen wird: So schnell vergeht ein Vierteljahrhundert. Oberbürgermeister Dieter Reiter wandte sich in seiner Ansprache zunächst dem bald scheidenden Kulturreferenten Hans-Georg Küppers zu (dessen Münchner Lebensabschnittswerk auf der Zielgeraden zunehmend differenzierter beurteilt wird, siehe Abendzeitung vom 9.7.2018). Küppers habe ja beim Filmfest gegenüber dem Herrn Ministerpräsidenten "den politischen Anstand vermissen lassen", übte sich Reiter in Ironie mit Blick auf Küppers' vielbeachtete Widerworte gegen Markus Söders Asylpoltik und Söder überhaupt. Die Staatsregierung wäre bei diesem städtischstem aller Stadtempfänge aber zum Glück nicht gefragt, so sei man wahrscheinlich auch vor plötzlichen neuen Etat-Millionen sicher (wie sie Söder beim Filmfest versprochen hatte). Söder kann offenbar mittlerweile versprechen was er will, in gewissen Kreisen führt es selbst dann zu abschätziger Heiterkeit, wenn es Kulturgeld ist. Ob es so geschickt war, dass Reiter die Lage der Kultur in München pauschal als "gut, sehr gut sogar" beschrieb, sei ebenfalls mal dahingestellt. Dass ohne Küppers "die Münchner Kulturlandschaft nicht da wäre, wo sie heute steht", ist hingegen fast schon doppelbödig. Unter anderen Umständen kann solch ein Schuss in die zu Bissigkeiten neigende Kulturlandschaft schnell mal nach hinten losgehen. Abgesehen mal von der Frage, wo eine Kulturlandschaft hingeht, wenn sie sie ausreichend herumgestanden ist. Dann wurde Reiter sehr grundsätzlich, in "diesen Zeiten" muss das wohl auch sein: "Diejenigen, die aktuell vorgeben, Kultur oder kulturelle Werte bewahren zu wollen, sind auf dem besten Wege diese vielmehr zu opfern." Ja, da wollte sicher niemand widersprechen. Viele hundert Kulturmacher genossen die Küche des Muffatwerks - erstmals in der illustren Runde fanden sich Mirjam Zadoff, neue Direktorin des NS-Dokuzentrums und Andrea Gronemeyer, die mit der Schauburg einen guten Neustart hingelegt hat, obwohl die unteren Ebenen der Stadtpolitik nichts ausgelassen hatte, um ihr diesen zu vermiesen. Nun konnte sie mit vielen anderen das Gefühl genießen: Wer drin ist beim Kulturempfang, der ist tatsächlich angekommen in München. Reiter bliebe lange, saß dabei ganz in der Nähe seines Vorgängers Ude, der bei dieser Gelegenheit immer noch formidabel Hof halten kann. Es ging beiden offenbar gut an diesem Abend, sehr gut sogar. gr. / Foto (mit einem Filter von Vignette): Michael Grill