Daniel Libeskind im Jüdischen Museum München: "It's Mission! It's Vision!"
Neue Synagogen-Euphorie bei der Liberalen Jüdischen Gemeinde. Für die Finanzierung des Projekts einer neuen Synagoge liegen „erste große Zusagen“ vor. Die Stadt aber hält sich bedeckt.
Es war eher eine Gute-Laune-Show als eine Präsentation von Architekturplänen: Die Liberale Jüdische Gemeinde Beth Shalom hat Daniel Libeskind an ihrer Seite, einen der globalen Superstars unter den Baumeistern, und nutzt nun dessen Charme-Offensive für das „historische Projekt“ einer zweiten großen Synagoge für München. Das Beth-Shalom-Gotteshaus soll auf einem Grundstück an der Reitmorstraße im Lehel nach Plänen von Libeskind (64) entstehen, der unter anderem mit dem Jüdischen Museum Berlin und Entwürfen für Ground Zero in New York einer der populärsten Architekten wurde.
Am Tag nach der Vorstellung einiger Skizzen und vorläufiger Aufrisspläne von Libeskind – sie zeigen ein für ihn typisches Gebäude mit abstrakt-sinnlichen, symbolistischen Formen und einem fragmentarischen Davidstern im Grundriss – herrschten in der liberalen Gemeinde Optimismus und Euphorie: Der Publizist Terry Swartzberg sprach von einem Paradigmenwechsel, aus einer wunderbaren Idee sei nun ein sehr konkretes Projekt geworden. Es gebe bereits „erste große Zusagen“ von möglichen Geldgebern bei der Finanzierung. Der Gemeinde-Vorsitzende Thomas Dahmen nannte als Beispiel einen „ersten sechsstelligen Betrag“, den ein Unterstützer aus dem Publikum spontan zugesagt habe. Die Gesamtkosten der Synagoge wollen allerdings weder Gemeinde noch Architekt benennen, da diese mit dem jetzigen Stand nicht seriös kalkulierbar seien. Man werde nun eine Bauvoranfrage einreichen und mit Verhandlungen über das Grundstück beginnen. Die bei der Präsentation aus dem Publikum genannte Zahl von 30 Millionen Euro Baukosten hatte Libeskind als „nicht richtig“ zurückgewiesen.
Die Stadt hielt sich gestern weiter bedeckt. Aus dem Planungsreferat hieß es lediglich, Stadtbaurätin Elisabeth Merk kenne die Pläne noch nicht und könne sie in einem so frühen Stadium nicht kommentieren. Vorsitzender Dahmen betonte, dass die Gemeinde stark wachse: „Wir müssen in die Zukunft denken.“ Es wäre deshalb kurzsichtig, wenn man den Entwurf für ein 21 Meter hohes Zentrum als überdimensioniert bezeichnen würde, auch wenn der darin enthaltende Gemeindesaal mit 300 Plätzen die derzeitige liberale Gemeinde fast komplett aufnehmen könnte.
Vorläufig bleibt vor allem der Auftritt des Charismatikers Libeskind im Gedächtnis, der versprach, ein Gebäude für ganz München und ein neuen Stadtraum für Kinder, Familien, Gäste und Anwohner zu errichten. Die Synagoge werde „kein Denkmal“, so der Architekt: „It's Mission! It's Vision!“ Kennzeichen des Entwurfs seien „die Funken“ - man sehe sie in den Zacken des Gebäudes, „aber auch im Glitzerlicht an der Isar oder in den Augen der Menschen“. Libeskind appellierte an das Durchhaltevermögen der liberalen Gemeinde: „Dies hier ist ein Marathon, kein Sprint. Und wir müssen alle daran glauben.“ Der Vorsitzende Dahmen sagte am Tag danach: „Dabei standen ihm die Tränen in den Augen, ich habe es selbst gesehen.“
Nachtrag (6. Mai 2011). Das Münchner Planungsreferat (Sprecher Thorsten Vogel) weist im Gespräch mit dem Kulturvollzug auf den derzeitigen planungsrechtlichen Stand des Projekts hin: Für das Gebiet im Lehel gibt es einen gültigen Bebauungsplan, der keine Synagoge zulassen würde. Vor einer Genehmigung müsste somit zunächst der Stadtrat den Bebauungsplan ändern. Bevor solche Schritte möglicherweise eingeleitet werden, stehe zunächst der Nachweis eines belastbaren Finanzierungskonzeptes durch die Gemeinde an.
Die Pläne von Daniel Libeskind für die Synagoge Beth Shalom sind bis zum 29. Mai 2011 zu sehen im Jüdischen Museum an St.-Jakobs-Platz.