Hilary Hahn - junge Geigerin zieht junges Publikum

von kulturvollzug

Hilary Hahn löst im Herkulessaal eine Luxus-Krise aus. (c) Peter Miller

Gute Neuigkeiten! Junge Menschen hören begeistert Klassik. Zumindest versammelte sich letzten Montag eine erfreulich große Anzahl Jugendlicher im Herkulessaal, um die Star-Geigerin Hilary Hahn zu erleben. Die erste Reihe beäugte wohlwollend ihr Kleid, die Ränge fachsimpelten über ihre stupende Technik. Und das mit Recht. Was letztlich vom Abend bleibt, ist Verblüffung. Kaum zu glauben, dass jemand technisch so perfekt - diese Bogenführung! - und doch nicht steif, sondern lyrisch geigt.

Wer soll das noch toppen? Hilary Hahn geht mit einer kleinen "Luxus-Krise" einher. Andere Geiger mögen anders interpretieren. Aber es ist niemand in Sicht, der handwerklich besser oder auch nur gleichwertig wäre. In diesem Sinne gelangt die Rezeptionsgeschichte mit Hilary Hahn erst einmal an ein Ende.

Das bunte Programm mit Stücken von Tartini über Beethoven bis hin zu Charles Ives bot eine große Überraschung: George Antheils erste Violinsonate. Der nach den Weltkriegen in Vergessenheit geratene Komponist fordert Kraft und technische Raffinesse. Der erste Satz klingt nach Strawinskys "Le Sacre du Printemps". Dann verrennt sich das Stück in Rhythmus-Fanatismus, bis es zur Schwerstarbeit wird, die Hilary Hahn meisterlich bewältigte. Zur Versöhnung der strapazierten Ohren gab es Zugaben von Fritz Kreisler, Antheils Zeitgenosse, der mit seinen leichten Charakterstücken aber doch so ganz andere Musik schrieb. In Valentina Lisitsa hatte Hahn eine treue Begleitung am Klavier, mit einem Händchen für Beethoven und mit Mut für Antheil.

Dennoch: Die große Liebe für Hilary Hahn bleibt Bach. Ganz allein stand sie für die erste Partita auf der Bühne und spielte mit der Intensität eines ganzen Orchesters. Sie findet in Bachs Werken immer wieder den ruhenden Kern, um von ihm aus die Musik in den Konzertsaal strömen zu lassen. Und das mit einer schlichten Eleganz, die dahin schmelzen ließ. Hilary Hahn allein mit Bach - das ist Musik in Reinform.

Im April 2012 kommt Hilary Hahn wieder nach München. Dann spielt sie wie gewohnt Bach, aber auch Werke nach Ansage. Es bleibt noch ein knappes Jahr, um eine Wunschliste zu erstellen.

Sarah Hilgendorff

Veröffentlicht am: 12.05.2011

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