Zombies in da House

von kulturvollzug

Ein paar Rätsel und noch mehr Klamauk: Die Theaterperformance "Parasiten-Parade" im I-Camp ließ Wünsche offen.

Da hätten wir also wieder mal was gelernt: „Parasit“ kommt vom griechischen Parasitos, und mit jenen „Bei- oder Mitessern“ waren jene Männer gemeint, die bei heiligen Mahlzeiten im Tempel vorkosteten und servierten und also zu kostenlosen Mahlzeiten kamen. Aus dem Titel der antiken Ehrenamtlichen ist die Bezeichnung für weit weniger geachtete Wesen geworden, die allerdings griechische Parasitoi an Macht weit übertreffen dürften: Die Schmarotzer in Flora und Fauna stellen die Mehrheit der Arten, sind einfallsreich, spezialisiert und anpassungsfähig und geschickt genug, ihren Wirt nicht umzubringen (jedenfalls nicht sofort) – schließlich leben sie ja von ihm.

Über das Thema könnte man trefflich philosophieren: Warum es Parasiten in größerer Vielfalt gibt als Nicht-Schmarotzer, ob nicht letztlich jeder ein Parasit ist und der Mensch der ärgste von allen und dergleichen mehr.

In der „Parasiten-Parade“, dem 20. Teil des Langstrecken-Zyklus „Verwaltungsperformance“ setzte Holger Dreissig auf Effekte und nicht immer witzige und oft zu lange Wortwechsel. Da stimmt ein Kammerjäger in einem stummen Tänzchen die Zuschauer auf den Kampf der Arten ein, unterhalten sich zwei Kakerlaken über ihre Menschenhaustiere, über pflegeleichte und renitente Exemplare und solche, die dem Herrchen eingegangen sind.

Vom Planet der Küchenschaben geht’s nach Hollywood und zu philosophisch versierten Bunnies, ins Hospital, auf den Tanzboden und vor einen Hemdenbügler, einen so genannten Finisher, wie man ihn in Wäschereien vorfindet. Im I-Camp mutiert der Finisher zum lebenden Götzenbild. Das Ungeregelte, das nicht Verwaltbare will Holger Dreissig mit seinen drei Mitstreitern abbilden und führt doch den Nachweis, wie sehr das Geregelte dem Bühnengeschehen gut täte.

In der „Parasiten-Parade“ darf man durchaus drüber nachdenken, ob wir alle ferngesteuert sind; doch das Bild des Zombies wird überstrapaziert, bis hin zum minutenlangen Tanz der Untoten. Es gibt gelungene Bilder wie den Tanz, dem das Schmatzen und Klappern der Pantoffeln den Rhythmus beimischt, oder der Hemdengötze, der sich im Luftzug aufbläht, um seine Jünger unter seinen ausgestreckten Armen in Schutz zu nehmen. Einige gute Bilder aber machen noch keinen wirklich guten Theaterabend.

Jan Stöpel

Veröffentlicht am: 30.11.2010

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