"Ein unerreichbarer wirkender Stern" - Natalia Osipova zu Gast beim Bayerischen Staatsballett

von Volker Boser

Sie kratzt und beißt, benutzt die Fäuste, tritt anderen auf die Füße und macht von an Anfang an unmissverständlich klar, dass man gut daran tut, sich nicht mit ihr anzulegen. Diese Katharina ist Hardcore, das merkt auch der Hallodri Petrucchio - ob bei Shakespeare oder in Crankos genialem Ballett „Der Widerspenstigen Zähmung“. Vor zwei Wochen wurde es vom Bayerischen Staatsballett wieder in den Spielplan aufgenommen. Jetzt verhalf es sogar einem Weltstar zu einem Rollendebüt.

Bolshoi-Primaballerina Natalia Osipova zeigte den Münchner Tänzern mit einer Nachdrücklichkeit, die ihnen nicht immer angenehm gewesen sein mag, wo dann doch noch der kleine Unterschied liegt: Inmitten eines engagierten und hoch motivierten Ensembles glänzte die 24-jährige Russin als unerreichbar wirkender Stern – so hinreißend präsent, wie man sie schon 2007 beim Bolshoi-Gastspiel als Kitri in „Don Quixote“ bewundern konnte.

Was für eine Spannung in den Bewegungen, welche Kraft und Eleganz, ganz zu schwiegen von der Natürlichkeit der Ausstrahlung, die sich wohl nicht erlernen lässt. Dass sich Lukás Slavický als Petrucchio, ebenfalls ein Rollen-Debütant, gegen dieses Feuerwerk behaupten konnte, lag vor allem daran, dass er nicht den stämmigen Macho-Nahkampf suchte, sondern die Attacken Katharinas quirlig und unbeschwert einfach auspendelte: ein Lebenskünstler eben.

Das Publikum im Nationaltheater war aus dem Häuschen, kein Wunder. Natalia Osipovas Gala-Auftritt hatte nicht nur den edlen Petrucchio, sondern alle in die Knie gezwungen.

Veröffentlicht am: 14.03.2011

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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