Bewährtes in neuem Glanz: José González in der Münchner Residenz

von Salvan Joachim

Erfindet sich immer wieder neu: José González. (Foto: Salvan Joachim)

Ein eindrucksvolles Experiment beschert München einen famosen Abend: „The Göteborg String Theory“ begleitet José González. Nie versinkt seine ruhige Stimme zwischen den mehrstimmigen Melodien der 20 Mitmusiker. Im Gegenteil: Sie schwebt durch den Herkulessaal, über den Balkon hinaus und wird von Streicher- und Bläserklängen endgültig auf den Olymp für zeitgenössische Musik getragen.

José González setzt zu immer neuen Höhenflügen an. Auf seinen Alben „Veneer“ (2003) und „In Our Nature“ (2007) bewies er sein Talent für gefühlvolles Songwriting. Es begann seine internationale Karriere und der unerwartete kommerzielle Erfolg: Seine Lieder begleiteten den Abspann amerikanischer Fernsehserien und untermalten die Werbung eines TV-Herstellers.

Für González kein Grund, die ernsthafte Kunst zu vernachlässigen: Erst letzten September stand er auf der kleinen Bühne des Atomic Café. Mit dabei waren seine Göteborger Freunde, der Schlagzeuger Elias Araya und Tobias Winterkorn an Orgel und Synthie. Gemeinsam nahmen sie die Arbeit an ihrer Jugendband „Junip“ wieder auf.

Ein knappes halbes Jahr später ist González schon wieder in München. Auch diesmal weiß er zu überraschen. Den Anfang macht jedoch Emil Svanängen, der unter dem Pseudonym „Loney, Dear“ auftritt. Noch ehe er den ersten Akkord auf der zwölfsaitigen Gitarre anschlägt, animiert er das Publikum, ihm ein zartes „Aaah“ entgegen zu hauchen. Mit eindrucksvoller Stimme singt er über den Grundton, oft nur einzelne Töne und Laute, die zwischen den Säulen verhallen. Nebenbei bedient er barfuß seine Bodeneffekte, fügt Stimme und Gitarre Hall und Delay, auch Orgelflächen und Basslinien hinzu. Ganz alleine baut er sich seine „Wall of Sound“, indem er mehrere Spuren live aufnimmt und abspielt. Mit den Händen klatscht er sich den Grundrhythmus, der auch erklingt wenn Svanängen schon längst wieder zur Gitarre greift. Bereits 2005 überzeugte diese Aufnahmemethode, als KT Tunstall mit „Black Horse and the Cherry Tree“ die Charts eroberte. Das Publikum ist überrascht, begeistert und beginnt selbst im Takt zu Applaudieren.

Vielseitig: José González überzeugt als Solokünstler und mit Orchester. (Foto: Salvan Joachim)

Als José González die Bühne betritt, ist er allein und eigentlich doch zu zweit. Die klassische Gitarre ist seine stete Begleitung, und er entlockt ihr die sanften Höhen und kräftigen Bässe, die seinen Sound ausmachen. Erst zum zweiten Lied kommt das Künstlerkollektiv „The Göteborg String Theory“ hinzu. Die 20 Musiker aus Deutschland und Schweden sind leger gekleidet, verzichten auf den sonst in diesem Genre gewohnten Dress-Code. So bunt die Kleidung ist, so vielseitig ertönen die Arrangements.

Ungeahnte Dramatik untermalt die Lieder, steigert die ohnehin vorhandene Intensität. Das Publikum hält spürbar die Luft an. Der Körper des Dirigenten pulsiert, seine Arme zappeln. Doch auch er kommt wieder zur Ruhe und das Publikum atmet durch, wenn sich González’ Stimme über die Streicher legt.

Viel zu sagen hat González nicht. Das neue Leben in seinen alten Liedern spricht für sich. Nur das Repertoire reicht nicht, um den Wunsch nach weiteren Zugaben zu erfüllen. Trotzdem: Es ist ein außergewöhnlicher Abend – das spürt auch González und macht das einzig richtige: Er spielt „Heartbeats“, die Coverversion des Songs von „The Knife“. Er ist wieder alleine mit seiner Gitarre und wahrscheinlich überlegt er sich schon das nächste Projekt.

Veröffentlicht am: 30.03.2011

Über den Autor

Salvan Joachim

Redakteur

Salvan Joachim (1986) ist seit 2011 beim Kulturvollzug.

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