Robuste Muskelspiele, überwiegend enttäuschend: Das Emerson String Quartet im Herkulessaal

von Volker Boser

Draußen herrliches Frühlingswetter – drinnen, im Herkulessaal, vier grimmige Streicher. Zugegeben: Mendelssohns fünftes Streichquartett Op. 44/3 strotzt nicht gerade vor Einfällen. Vieles ist „nur“ Handwerk. Die Kunstgriffe, mit denen das musikalische Geschehen um Aufmerksamkeit buhlt, wirken reichlich bemüht. Gerade deshalb wäre es vonnöten gewesen, diesem Stück besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Doch das Emerson String Quartet schien nur wenig interessiert. Primgeiger Eugene Drucker gab mit sentimental aufgeplustertem Ton das Signal zu einer grobkörnig eindimensionalen Notenanalyse: uncharmant, klanglich enttäuschend - Hausmannskost, mehr nicht.

Auch bei Beethovens Op.131, diesmal mit Philip Setzer am ersten Pult, fiel auf, dass es die Amerikaner an diesem Abend vor allem darauf anzulegen schienen, heil über die Runden zu kommen. Jeder musizierte vor sich hin. Ein strukturiertes Miteinander war nicht erkennbar.

Cellist David Finckel hielt sich zurück. Bratscher Lawrence Dutton schien vergessen zu haben, dass Beethoven auch in seinen Spätwerken sehr wohl den Unterschied zwischen laut und leise kannte.

Die durchwegs robusten Muskelspiele irritierten. Sie machten allenfalls Sinn im achten Streichquartett von Schostakowitsch. Hier schildert der Komponist sein Entsetzen über die Grausamkeit des Krieges in grandiosen, eindringlichen Momenten. Nichts davon kehrten die Emersons unter den Teppich – das war ganz große Kammermusik-Kunst. Der Rest enttäuschte.

Veröffentlicht am: 14.04.2011

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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