Krafts "Felix Krull" im Volkstheater-Nachtkastl: Spannender Drahtseilakt

von Michael Weiser

Justin Mühlenhardt, Nicola Fritzen und Pascal Fligg. Foto: Andrea Huber

Ist man zum Dienen geboren oder zum Herrschen? Alles eine Sache des Zufalls und der Laufbahnkorrektur, findet Felix Krull und macht sich als Hochstapler in der Inszenierung von Bastian Kraft im Volkstheater auf, die Zuschauer das Staunen zu lehren.

Eines ist sicher: Diese Inszenierung wird von Abend zu Abend anders aussehen. Vieles bleibt dem Talent zur Improvisation bei jedem einzelnen der drei Schauspieler und seiner körperlichen Geschicklichkeit überlassen. Denn die artistischen Herausforderungen an Justin Mühlenhardt, Nicola Fritzen und Pascal Fligg im sommerlich warmen Nachtkasterl des Volkstheaters sind beachtlich. In drei Metallrahmen, die, wie in einem Tryptichon nebeneinanderstehend, mal glamourös anmutende Bühne, mal die strikte Grenze ihres Wirkungskreises sind, müssen sie das Gleichgewicht halten, heruntergefallene Gegenstände wieder aufklauben, sich an einem Rohr an der Decke entlanghangeln.

Regisseur Bastian Kraft hat sich wie schon bei seinen „Radikal-Jung“-Auftritten einen Roman zur  Bearbeitung für die Bühne ausgesucht, diesmal die „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ von Thomas Mann. Und wieder kreist er um das Thema Identität: Wie sicher darf ich meiner Persönlichkeit sein, wie weit ist ein Mensch unverwechselbar?

Es ist ein Felix Selbdritt, eine Krullsche Dreifaltigkeit, die Kraft auf die Bühne beordert: Mühlenhardt, Fritzen und Fligg verkörpern quasi verschiedene Facetten des Krullschen Wesens. In den Variationen ihrer Geschichte sind sich die Drei durchaus nicht einig, immer wieder fallen sie sich ins Wort und spielen zur Selbstvergewisserung Szenen jener Hochstaplergeschichte nach. Das ist ungemein unterhaltsam, reißt des öfteren zu Szenenapplaus hin und gewährt Nicola Fritzen einen gelungenen Volkstheater-Einstand als Charmeur. Was ist des Menschen Kern? Das fragt man sich und ist schon wieder in der nächsten Geschichte, die vermutlich wieder nirgendwo hin führt. Im Finale, so viel sei verraten, beweisen die furiosen Drei nochmals richtig Fingerspitzengefühl, bevor Felix Krulls Lügengebäude einstürzt.

Zusammen mit Ausstatterin Anna van Leen und Sounddesigner Arthur Fussy hat Kraft wie schon bei seinem „Dorian Gray“ eine einfach aussehende und doch vielseitig einsetzbare Bühnenmaschine geschaffen, diesmal aber eine mit eingebautem Zufallsgenerator. Bei „Dorian Gray“ funktionierte das Kraftsche Hochglanz-Konzept mit seiner Bildschirm-Collage nur mit äußerst präzisem Spiel des Solisten. Sein „Felix Krull“ ist ein Hochseil-Akt, mit einem Hochstapler in hoher Gefahr des  Absturzes. Nicht perfekt wie der „Dorian Gray“, aber viel liebenswerter. Unbedingt empfehlenswert!

Wieder am 21., 22. und 23. Juni. Spielplan unter www.muenchner-volkstheater.de

Veröffentlicht am: 20.06.2011

Über den Autor

Michael Weiser

Redakteur, Gründer

Michael Weiser (1966) ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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Antoine
08.07.2011 16:22 Uhr

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