Münchner, kommt und werdet Kunst! In der Pinakothek der Moderne kann der Besucher heute zur Situ-Art werden
Er hat es am Bahnhof gemacht, am Flughafen und in einem Konferenzentrum – und heute entsteht ein neues Bild des Münchner Künstlers Jürgen Scriba. Seine Aufnahmen kreieren virtuelle Ort, in denen Menschen aus verschiedenen Zeitebenen zusammengezogen werden. Sein aktuelles Projekt läuft jetzt (8. Juli) in der Pinakothek der Moderne (bis kurz vor Ende der Besucherzeit, also zirka 17.30 Uhr) – wer in das Museum geht, hat die Chance, Bestandteil der Kunst zu werden.
Scriba ist experimenteller Fotograf, Autor und Physiker. Er hat auch schon in einen 85 Meter hohen Augsburger Gaskessel das mutmaßlich längste Foucaultsche Pendel der Welt gehängt, dessen Schwingbewegung die Erddrehung nachzeichnet und dabei wie ein Metronom eine gewaltige Orgel steuert – so erklang im dunklen Riesenraum das C-Dur-Präludium von Johann Sebastian Bach, gedehnt auf den Takt der Erde, weniger als ein Hundertstel unseres normalen Tempos.
Seine Bilder bezeichnet Scriba als Situ-Art: In Zeitserien wird immer wieder dieselbe Stelle fotografiert und anschließend ein Abstraktum des Ortes montiert: So gelangen Abbilder von realen Menschen auf abstrakte Ebenen, sie bevölkern eine surreale, verdichtete Welt.
Unser hier gezeigtes Bild heißt „Summercity“: Der Münchner Königsplatz als sozusagen ultra-sommerlicher Ort, an dem fast nur noch Flaneure und Menschen in Cabrios leben.
Bei den heutigen Aufnahmen in der Rotunde der Pinakothek der Moderne nimmt Scriba das Haus als "prototypisches Kunstmuseum". Vom Gebäude wird nur der Boden zu erkennen sein, auf dem sich, wie Scriba hofft, ein „prototypisches Kunstpublikum“ zeigt. Die Idee sei, anhand des Ortes ein überzeitliches Bild der Menschen im Museum zu erstellen.
Das Besondere an diesem Situ-Art-Projekt ist auch für Scriba, dass er diesmal nicht eine, sondern drei Kameras verwendet, die das Publikum aus drei Perspektiven ablichtet – so können sich die Menschen im späteren Bild quasi selbst begegnen. Außerdem will Scriba die letztlich auch vom Ort beeinflusste Körpersprache sichtbar machen. Wer sich auf all das einlässt, bekommt von Künstler ein Kärtchen überreicht: „Sie sind Kunstprojekt! Kunstobjekt". Im Laufe dieses Juli wird das Ergebnis auf seiner Homepage präsentiert.
Anmerkung (8.7.11, 15.15 Uhr): Korrektur im vorletzten Satz ausgeführt nach einem Hinweis des Künstlers und einem Besuch in der Pinakothek der Moderne.