Die recht billige "Csárdásfürstin" am Deutschen Theater: „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“

von Volker Boser

Nur keine Experimente - bei der "Csárdásfürstin". Foto: Deutsches Theater

Man ist auf Tournee, gastiert in Erfurt, Worms und St. Wendel im Saarland – aufwändige Bühnen- Protzerei wäre da fehl am Platz. Im Deutschen Theater störte dann aber schon, wie simpel die Kulissen sind, wie dünn das ansonsten treffliche Orchesterchen klang, wie eine Handvoll Tänzerinnen und Tänzer Glamour vortäuschten. Man merkt, dass diese Produktion des Salzburger Operettentheaters vor allem pflegeleicht zu sein hat, um in jeglichem Ambiente bestehen zu können. Unhöflich formuliert: das wirkte alles ziemlich billig.

Dabei stünde Emmerich Kalmans „Csárdásfürstin“ szenische Atmosphäre nicht schlecht zu Gesicht. Operette lebt von der Ausstattung, vom Talmi-Glanz vorgegaukelter Illusion. Ein Glück, dass wenigstens die Sänger überzeugen konnten. Judith Bellai als Sylvia Varescu war eine stimmlich souveräne Csárdásfürstin, zur Primadonna fehlt ihr einiges, vor allem: Temperament und Bühnenpräsenz. Auch ihr Lover Edwin Ronald, von Daniel Zihlmann mit akkurater Tenorkraft ausgestattet, hatte die Handbremse eingelegt. Christian Bauer als Graf Boni sahnte ab. Mit hartnäckigem ungarischen Operetten-Akzent brachte er seine Lebensphilosophie an den Mann: „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht.“ Fast glaubte man es ihm.

Regisseurin Lucia Meschwitz handelte nach der Devise: nur keine Experimente. Die Akteure standen zumeist herum, die Männer im Frack, die Damen artig kostümiert. Ansonsten die üblichen Rituale: Auftritt von links, Abgang nach rechts. Mehr war offenkundig nicht gewollt. Wer darüber nachdachte, dass die Uraufführung vor 96 Jahren womöglich pfiffiger gewesen sein könnte, lag wohl nicht gänzlich daneben.

Einige Striche wurden geöffnet, etwa das zumeist vernachlässigte Couplet der Anhilte von und zu Lippert-Weylersheim, die einst eine Provinz-Primadonna war: Franziska Stanner servierte das hinreißend. Und auch die ungarische Dirigentin Katalin Doman erwies sich dann doch noch als ein Glücksfall. So schmissig und gefühlvoll, ohne ins Sentimentale abzugleiten, hört man Kalmans Ohrwürmer selten. Während der Generalprobe hatte man ihr dem Vernehmen nach dringend ans Herz gelegt, ein wenig mehr Pfeffer zu investieren – offenkundig mit Erfolg.

Deutsches Theater, bis zum 14. September 2011, Tickets unter 089 55234444.

Veröffentlicht am: 11.09.2011

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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