Na also: Zum Schluss gab's dann doch noch ein bisschen Remmidemmi im Residenztheater
Nun ist es vorbei, das viertägige Residenztheater-Eröffnungs-Tam-Tam des neuen Intendanten Martin Kusej. Helmut Kraussers Auftragsstück „Eyjafjallajökull-Tam-Tam“ lieferte im Marstall immerhin eine halbherzige Einlösung des „Alles-neu“-Versprechens. In der formalen Verknüpfung von Medien und Theater ist Robert Lehnigers Inszenierung die radikalste der vier Aufführungen. Das kann erstmal als Event gelten.
Wer im Airport Marstall strandet, kommt nicht mehr weg. Denn die Aschewolke eines Vulkans auf Island legt den gesamten Flugverkehr lahm – so geschehen im März 2010. In dem von Alain Rappaport zur Flughafen-Halle mit zwei Terminals umgebauten Marstall-Gebäude checkt der Besucher als Fluggast ein und findet sich in Warteschlangen vor verschlossenen Gates. Unmut wird laut, Leute beschweren sich, man wird Zeuge zufälliger Begegnungen, Streitereien, genervten Wartens, Konversation, Ausfälligkeiten oder Anmachversuchen. Dann die Ansage: Vorläufig keine Flüge mehr. Es werden Dreibein-Hocker ausgegeben, Getränke verkauft, Matratzen herbeigeschleppt. Der Zuschauer wandert, bleibt an Live-Szenen hängen oder beobachtet an einem der 25 Video-Screens Wartende in anderen Räumen.
Alle 55 Resi-Schauspieler sind hier dabei – zumindest auf Video, denn sie können ja nie alle live da sein. Wer Zeit hat, spielt, wer nicht, stiert halt nur mal kurz wie Tobias Moretti als Taxifahrer von der Leinwand, um den Theaterstar Manfred Zapatka zur Vorstellung ins Resi zu bringen – aus einer griechischen Einöde, wohlgemerkt.
Bei der Premiere sorgten sicher die Hälfte der Beteiligten live für simultanes Getümmel, zu dem es die Band Hairy Hands live dröhnen lässt. Aber was, wenn mal nur die achtköpfige Kerntruppe da ist? Vielleicht kommen dann Kraussers Szenen und ihr böser Witz mehr zu ihrem Recht: Die gehen nämlich völlig unter. Krausser schildert ein groteskes Pandämonium von Spießern, Frustrierten, Cleveren und Irren, deren Aggressionen sich dynamisch steigern. Dem völlig konträr lenkt Lehniger das Anfangs-Chaos zunehmend in geordnete Bahnen. Kurz vor Ende sitzen doch tatsächlich alle um ein Lagerfeuer samt Klampfenromantik und hören Beschauliches über Kreativität. Ein grässlicher Mord geschieht danach ganz nebenbei auf Video, ohne dass man's verstünde. Zum Verständnis empfiehlt sich ohnehin die Filmaufzeichnung auf der Resi-Homepage. Oder die Lektüre.
Weitere Vorführungen von „Eyjafjallajökull-Tam-Tam“ im Marstall vom 11. - 18. Okt., 7. - 9., 22. - 24. Nov., Film: www.residenztheater.de