Nachruf auf Christine Kron, Direktorin des Museums Fünf Kontinente

In einem Boot und unermüdlich

von Christa Sigg

Christine Kron. Foto: Die Hoffotografen

Sie wollte so viel bewegen, war voller Tatendrang. Umso mehr überrascht der Tod von Christine Kron: Nach kurzer schwerer Krankheit ist die Direktorin des Museums Fünf Kontinente (am 10.2.2017) verstorben – wenige Wochen vor ihrem 55. Geburtstag. Das wurde bei der Pressekonferenz zur neuen Kambodscha-Ausstellung bekannt gegeben.

Das Thema dieser Schau ist nur zu typisch für Christine Kron. Ihr Ziel war es, das Haus mit kritischen Fragestellungen in der Gegenwart zu verankern und Diskussionen anzustoßen: Im aktuellen Fall sind es die fatalen Auswirkungen des Pol-Pot-Regimes, die Ann-Christine Woehrl mit ihren eindringlichen Fotografien dokumentiert.

Im Frühjahr 2011 hatte Christine Kron die Leitung des in die Jahre gekommenen Museumstankers übernommen. Die Afrikanistin brachte viel Erfahrung mit, von der Feldforschung in Mali bis zu den prägenden Stationen an den Universitäten in Oxford oder Leipzig und an wichtigen Häusern wie dem Ethnologischen Museum in Berlin, dem heutigen Musée du Quai Branly in Paris und schließlich vor allem am Frankfurter Museum der Weltkulturen, das Christine Kron bis zu ihrem Wechsel nach München erst stellvertretend und dann kommissarisch geleitet hatte.

An der Maximilianstraße kämpfte sie für ein besseres Image des damaligen Völkerkundemuseums. Dazu gehörte für sie auch ein neuer Name: „Der Titel Museum Fünf Kontinente sagt deutlich, dass wir alle zusammengehören, in einem Boot sitzen – und nicht von Europa aus mit dem Fernrohr auf fremde Welten blicken“, sagte sie der Abendzeitung 2014. Die Umbenennung brachte Christine Kron Kritik ein, gleichwohl wurde das Haus immer besser wahrgenommen.

Dazu trugen aber auch die eingangs erwähnten Ausstellungen bei, mit denen die promovierte Ethnologin und ihr Team immer wieder den Finger in Wunden gelegt haben. Etwa, wenn es um die verheerenden Auswirkungen der Ölförderung im Nigerdelta ging, um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan oder weibliche Opfer von Säure- und Brandanschlägen. Christine Kron wollte sich nie darauf beschränken, die Schönheiten des Depots zur Schau zu stellen. Für sie ging die Arbeit in den entsprechenden Ländern weiter, bei der Politik, den sozialen Bedingungen und vor allem den Menschen, die sie gerne ins Museum lud. Von den Künstlern der Aborigines bis zur aktuellen Arbeit mit Flüchtlingen.

Man hat sich tatsächlich gefragt, wie Christine Kron das alles stemmt. Wie sie das mit einem Etat schafft, der im Vergleich zu anderen Aushängeschildern der Münchner Museumslandschaft – freundlich formuliert – wenig Spielraum ließ. Und wirkliche Pausen gab es kaum für sie, jede Reise, jeder Ausflug galt in erster Linie „ihrem Museum“.

Veröffentlicht am: 23.03.2017

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