"Showcase Beat Le Mot" im Marstall: Interview zum Abschluss eines Berliner Experiments in München
"Showcase Beat Le Mot entern den Marstall", schreibt das sich offenbar freudig geentert sehende Staatstheater über das Bild. Foto: Sandra Steh
Sechs Wochen lang haben sie den Marstall besetzt und durften ihn nach eigener Wahl bespielen. Der neue Residenztheater-Intendant Martin Kusej hat Ungewöhnliches gewagt und das Berliner Performance-Kollektiv Showcase Beat Le Mot als Künstler „in residence“ eingeladen. Sie zeigten ihre Inszenierungen „Räuber Hotzenplotz“ und „1534“, holten zwei polarisierende Gastspiele und veranstalteten ein Performance-Wochenende. Zum Abschluss ihrer Residenz inszenieren Showcase Beat Le Mot die Uraufführung „The Happy Ending of Franz Kafka's Castle“, in der neben ihnen - das sind Nikola Duric, Dariusz Kostyra, Thorsten Eibeler und Veit Sprenger - auch Marie Seiser, Gunther Eckes, Arthur Klemt und Robert Niemann mitspielen. Für das SCBLM-Kollektiv gab uns Veit Sprenger Auskunft.
Was interessiert Showcase Beat Le Mot an Kafkas Roman-Fragment „Das Schloss“?
Der utopische Aspekt. Der vom Schloss bestellte Landvermesser kommt voller Hoffnungen an, er hat einen Schnitt gemacht und will etwas Neues anfangen. Er hat sich im Kopf ein Luftschloss gebaut. Doch er wird nicht abgeholt. Nun muss er in diesem undurchschaubaren sozialen System seinen Platz und seine Aufgabe finden. Das ist vergleichbar mit unserer Situation: Wir wurden ans Staatstheater gerufen, sind aber ganz andere Strukturen gewohnt. So ein Riesenapparat widerspricht eigentlich unserer Arbeitsweise. Also mussten wir hier unseren eigenen Platz finden. Außerdem lieben wir Kafkas schöne, klare Sprache.
Man kann Kafkas Roman nicht nacherzählen. Auf welche Motive konzentrieren Sie sich?
Auf den Aspekt des Arbeitslebens. Dabei verwenden wir auch Texte von Robert Walser aus dem Band „Im Bureau“ sowie von Herman Melville aus der Kurzgeschichte „Bartleby“. Bartleby ist der erste Totalverweigerer in der Literaturgeschichte.
Sind Assoziationen mit der heutigen Arbeitswelt Absicht?
Ja. Wir wollen zurück zu einem Theater der Erfahrung. Es beginnt draußen in der Kälte mit Warten, es gibt Feuerstellen, Mäntel und Decken. Dann müssen die Zuschauer durch eine Sauna, bevor ein großes Tor aufgeht und sie durch verschiedene Situationen geführt werden. Im Innenraum sind sie dann im Schloss angekommen, hier gibt es am Ende des Wartens eine Performance-Aktion mit viel Bewegungsfreiheit für das Publikum. Das ist das Happy Ending. Wir betrachten das als eine soziale Plastik.
Die Resi-Schauspieler kannten Ihre Arbeitsweise nicht.
Das ist für uns eine große Herausforderung. Hier hatten die jungen Schauspieler schon etwas Erfahrung mit der freien Szene. Aber das war schon ein Schritt weiter für sie.
Und wie führt man zu viert im Kollektiv Regie?
Wir arbeiten seit 15 Jahren zusammen und verstehen uns fast telepathisch. Da gibt es keine grundsätzlichen Differenzen. Aber jedem wachsen bestimmte Szenen besonders ans Herz.
Ihr Fazit nach sechs Wochen Arbeit im Marstall?
Es hat viel Spaß gemacht. Wir waren unglaublich erstaunt, dass man uns wirklich so freie Hand gegeben hat. Und was von den Technikern alles ermöglicht wurde, wie flexibel sich der Apparat gezeigt hat, das haben wir noch nie an einem Staatstheater erlebt.
Marstall, 13. - 15, Februar 2012, 20 Uhr, Telefon 2185-1940