Bayerisches Staatsballett präsentiert 2012/2013
Saison ohne Motto, doch mit echten Glanzpunkten
Mit Ersten Solistinnen wird es ab Sommer ein wenig knapp im Bayerischen Staatsballett: Lisa-Maree Cullum ist in Elternzeit, Daria Sukorukova erwartet ein Baby. Nur Lucia Lacarra und Roberta Fernandes stehen weiterhin auf der Bühne - und sind in Topform.
„Es kommen aber Gastsolistinnen hinzu“, beruhigt Sprecherin Susanne Ullmann. „Zum Beispiel haben wir im Moment noch Katherina Markowskaja, und auch Natalia Osipova wird wieder auftreten.“ Vor wenigen Jahren verkündete die stellvertretende Ballettdirektorin Bettina Wagner-Bergelt noch selbstbewusst, man brauche keine Gaststars, München habe eigene, überragende Tänzer.
Darüber hinaus kommt Natalia Kalinitchenko langsam wieder auf die Bühne. Die Erste Solistin war lange Zeit wie vom Erdboden verschluckt, weil sie sich zuerst die Nase gebrochen, dann die Hüfte ausgerenkt und schließlich ein Kind bekommen hatte. Jetzt trainiert sie wieder täglich, eine erste Königin in „Dornröschen“ hat sie schon absolviert. Man warte nun auf eine Hauptrolle, so Ullmann. Mancher Kenner ist darob skeptisch. Einen so beanspruchten Körper wieder in Staatsballettform zu bringen, ist eine heikle Aufgabe. Kalinitchenko war vor ihrer Pause eigentlich als Spezialistin für die anspruchsvolle Petipa-Klassik geachtet. So manche unverletzte Tänzerin genügt schon nicht Ivan Liskas Ansprüchen: Die in Zürich gefeierte Sarah Jane Brodbeck, die um den Solistinnenmangel in München weiß, durfte nach einer Audition nicht bleiben.
Natalia Kalinitchenko als Gamzatti in "La Bayadere". Werden wir sie in dieser Rolle wieder sehen? (Foto: Wilfried Hösl / Bayrisches Staatsballett)
Nichtsdestotrotz gibt es für die Zuschauer Grund zur Freude. Vielleicht könnte man die Spielzeit, die sich im weitesten Sinne um das Kulturerbe Tanz und choreografische Überlieferung dreht, mit „Endlich“ übertiteln. Ihre Premieren rufen den Gedanken jedenfalls hervor, ebenso wie die Wiederaufnahmen.
Der zweiteilige Abend „Forever young“ (17. November 2012) setzt zum Beispiel Leonide Massines „Choreartium“ aus den 30er Jahren neben José Limóns „The Moor’s Pavane“. Im Juni 2012 gibt es einen Doppelabend, bestehend aus Merce Cunninghams Klassiker „Biped“ und einem neuen Werk von Richard Siegal – Freunde der Moderne hüpfen jetzt schon ungeduldig von einem Bein auf das andere. Dazwischen, am 21. April 2013, zeigt Terence Kohler ein neues Stück. Es trägt den Titel „Helden“ und basiert auf Musik von Alfred Schnittke und Lera Auerbach. Die Bühne gestaltet wiederum, wie schon bei „Once upon and ever after“, die Künstlerin Rosalie.
Das opulent ausgestattete „La Bayadere“ wird am 21. September wieder aufgenommen, Jiří Kyliáns melancholisch-bewegende „Zugvögel“ am 15. Februar 2013, natürlich wieder mit Parcours durch den Theaterkeller. Tief aus der Kiste des Repertoires kommt „La Fille mal Gardée“ zum Vorschein (9.1.13).
Endlich auch wieder eine Terpsichore-Gala! In der Ballettfestwoche 2013 steht sie unter dem Titel „Spitze auf Spitze“, der ganz bestimmt die Debatte um Spitzenschuhe und nackte Füße wieder aufheizt. Als Gastkompanie ist das Mikhailovsky Ballett Sankt Petersburg unter der Leitung von Nacho Duato geladen.
Warten muss dagegen wieder „Giselle“. Es war einmal kurz angedacht, den Klassiker parallel zu Mats Eks moderner Variante laufen zu lassen. Doch die Ballerinenlage lässt dies offenbar nicht zu.