Gábor Bolla im Import Export

Sensationelles Wunderkind auf der Himmelsleiter

von Michael Wüst

23-jähriges Wunderkind: Gábor Bolla. Foto: Michael Wüst

There's a new Horn in Town! Und was für eins! Ein Wunderhorn! Gábor Bolla heißt der Knabe, der es bedient. Selbst die partywütigen Samstag-People der späteren Stunde, die ins "Import Export" trudelten, konnten sich der reinen Energie solchen Jazz' nicht entziehen.

Kongeniale Partner des Ungarn am Tenorsaxophon waren Ernst Techel am Kontrabass, der es stets verstand, der Tempo-Tenor-Madness melodische Linien zu extrahieren und Mathias Gmelin am Schlagzeug, der hardboppig und mit feinster Intuition den Achterbahnfiguren Gábor Bollas folgte.

Minimalster Drumset, maximale Ausbeute – man fühlte sich an den legendären südafrikanischen Drummer Makaya Ntshoko erinnert. Und weil dieses Trio so spontan zusammengekommen war, konnte man endlich mal wieder auf höchstem Niveau geliebte Standards hören, sogar vielgespielte.

Giant Steps, Round Midnight, Softly as in a Morning Sunrise. Body and Soul. Die Meisterprüfung mit dem Tonartenwechsel auf Halbzeit hatte man in dieser Klasse vor langer Zeit das letzte Mal von Johnny Griffin gehört. Johnny Griffin, der zu den Vorbildern des 23-Jährigen gehört. Wer den Stil von Gábor Bolla aber am stärksten geprägt hat, das erschloss sich nicht nur aus „Giant Steps“. „Trane“ ist allgegenwärtig im Spiel von Gábor Bolla: Sturzbach-Skalen, der große sonnengewärmte, offene Ton, die beschwörende Intensität eines Aufstiegs in Regionen der Transzendenz, Himmelsleiter. Eine Haltung, nicht zurückkehren zu wollen, nicht umkehren zu wollen.

Gábor Bolla ist erst vor wenigen Wochen in München angekommen. „Find Your Way“ heißt die CD, die er Anfang des Jahres in München eingespielt hat. Das klingt fast bescheiden. Die Frage ist eigentlich nur, wohin der Weg dieses Ausnahmetalent überhaupt noch führen mag. Er wird sich allerdings wahrscheinlich nicht einmal umschauen.

Das Gabor Bolla Quartet präsentiert „Find Your Way“ am 7. Juni 2012 in der Unterfahrt.

Veröffentlicht am: 04.06.2012

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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