Secession und Künstlerhaus in der Whitebox
Künstlervereine auf Sinnsuche durch Neuanfang
Die Münchner Secession kooperiert mit dem Künstlerhaus Wien. Beide präsentieren in München unter dem Titel "Melange" eine erste gemeinsame Ausstellung. Mehr als ein Tässchen Aufguss ist dabei nicht herausgekommen.
"ready for the revolution". Die plakative Wandinstallation der Münchner Künstlerin Lucia Dellefant könnte Motto gewesen sein für den Neubeginn, den die Künstlervereinigung Münchner Secession sucht. Die einst enge Verbindung zum Haus der Kunst scheint brüchig geworden, seit der Verein vom Kuratorium der diesjährigen Jahresausstellung ausgeschlossen wurde. Etwas Neues musste her, eine Loslösung des Kunstschaffenden von einem mehr und mehr monokulturellen Kunstmarkt, auf dem der Künstler "zum schieren Handlanger eines von Geldmacht und Kunstpolitik bestimmten Umfeldes geworden" ist, wie es im Prospekt zur Ausstellung heißt. Man besann sich gemeinsamer Wurzeln - Gustav Klimt hatte die schon 1892 entstandene Münchner Secession auf der Suche nach Möglichkeiten, den verkrusteten nationalen Kunstbetrieb aufzubrechen, besucht - und kooperiert nun mit dem Künstlerhaus Wien.
Für die Kunsthalle Whitebox ist es ein kleiner Coup, diese Ausstellung als erstes Ergebnis der Kooperation an Land gezogen zu haben. Weg von dem Kunsttempel an der Prinzregentenstraße - hin auf das Gelände der Kultfabrik.
Die Münchner sind durch Michael von Cube vertreten, dem - übertrieben - für seine bekannten, bunt-ironischen Darstellungen der bayerischen Mir-san-mir-Mentalität gleich eine ganze Wand eingeräumt ist. Akademiepräsident Dieter Rehm zeigt am Computer bearbeitete Fotografien von Straßenszenen aus Europa, Asien und Afrika, die wie stark eingefärbte Foto-Negative daherkommen. Die Künstlergruppe "King Kong Kunstkabinett", bestehend aus Walter Amann, Wolfgang Schikora und Ulrich Zierold, präsentiert farbkräftige Kollektiv-Malerei. Timm Ulrich mit seiner Boden-Gruppe "Wachsender Stein" und F. Jörg Haberland sind ebenfalls zu sehen.
Die Wiener schicken Joachim Lothar Gartner, Georg Lebzelter, Hannes Mlenek, Eva Petric, Walter Weer und Robert Zahornicky ins Rennen. Von ihnen überzeugt insbesondere Eva Petric mit ihrem fotografischen Psychogramm "Scale of Emotion", in dem sie die 14 menschlichen Grundstimmungen darstellt. Auch Hannes Mlenek imponiert mit seinen Wandbildern "Umformung" und "Quartett", stört andererseits beträchtlich mit einem mächtigen Raumteiler, hinter dem sich leider keine Überraschungen verbergen.
Das alles ist bunt, plakativ, interessant zuweilen - und bekannt. Wirklich Neues ist nicht erkennbar, künstlerische Stagnation hier wie dort umso mehr. Es mag sein, dass dies durch die von Geld und Kunstmarkt vorgegebenen Sachzwänge begründet ist. Es mag sein, dass eine Befreiung von diesen Fesseln zu neuen Entwicklungen führt, gerade dann, wenn sich derartige Kooperationen international erweitern. Die aktuelle Ausstellung lässt davon nichts erkennen. Ein Tässchen Aufguss mit etwas Schaum darauf, Melange eben. "We know the facts..." ist eine weitere Arbeit von Lucia Dellafant betitelt. Derzeit erscheint das noch weit, weit weg.
Bis zum 30. September 2012 in der Whitebox, Grafinger Straße 6 in München, Do, Fr. 17-21 Uhr, Sa, So 15-21 Uhr.