Blumentopf mit neuer CD "Nieder mit der GbR"

Gnadenlos frisch und immer noch die selben

von kulturvollzug

Kleine Bohnen in 'ner Mega-Kaffeemühle: Blumentopf. Foto: Christoph Neumann

Nach den letzten beiden eher uninspirierten und fast lau wirkenden Blumentopf-Alben legte ich das Album mit einigen sorgenvollen Vorahnungen in meinen Player. Glücklicherweise grundlos, denn schnell war klar, dass es sich hierbei um ein wirkliches Meisterwerk handelt, voller Tiefe, voller Schwung und sehr oft voller erfrischender Lustigkeit.

Gleich im ersten Song stellen sie klar, dass sie "immer noch dieselben" sind, was in zweierlei Hinsicht stimmt: erstens waren sie in ihren Anfängen vor 20 Jahren eine wunderbare bayrische Antwort auf viele damals aus dem Boden sprießenden deutschsprachigen Hip Hop-Formationen; unglaublich frisch und lebendig auf der Bühne, ungewöhnlich textsicher und experimentierfreudig in ihren Songs und unfassbar geduldig im Erstellen ihres ersten Albums "Kein Zufall", das erst fünf Jahre nach ihrer Gründung erschien. Und zweitens haben sie jetzt bewiesen, dass sie nichts von dem verloren haben, sondern auf "Nieder mit der GbR" mit einer geballten Euphorie daherkommen, die einfach nur noch Freude macht.

Man kann nicht von vielen Alben sagen, dass jedes Lied gelungen ist, gerade bei deutschsprachigem Hip Hop sind es manchmal nur drei, vier Songs. Anders bei „Nieder mit der GbR“. Da stimmt jeder Titel. Teilweise sind Gastmusiker zu hören, die aber jeweils in ihrem Element voll zur Geltung kommen und zur geschmacklichen Abrundung dieser wahrhaft köstlichen Produktion beitragen. So kommt der westfälische Sänger Ingo Pohlmann bei dem sehr emotionalen "Bin dann mal weg" zum Zuge, Johnny "The Crow" Popcorn singt den Refrain des herrlich souligen "On fire", gemeinsam mit den Sportfreunden bekennen die Blumentöpfe, dass sie "Supermänner" sind - und Spider Murphys Günther Sigl lässt mit Blumentopf die Sperrbezirks-Rosi, inzwischen deutlich vom Schicksal gezeichnet und abgezehrt, wieder aufleben.

Wunderschöne Textzeilen, verpackt in knappe, zielsichere Reime und ausgezeichnet gerappt, vermischen sich mit fetten Oldschool-Beats. Blumentopf hat nach Ausflügen in die Heavy-Metal-Gitarrenwelt wieder zurück zu den eigentlichen Wurzeln des Hip Hop gefunden und Textzeilen wie "Das Ergebnis meiner Lebensanalyse: wir sind alle kleine Bohnen in ner Mega-Kaffeemühle", "neulich in der City hab ich deinen Geschmack getroffen, ich dachte, was spricht dagegen und hab ihn einfach angesprochen" oder "Silbermond im Radio, Dieter Bohlen macht ne Casting Show, Gottschalk Werbung für Haribo, alte Männer tragen Sonnenbrille und fahrn Cabrio, keine Angst, keine Sorge, alles is im Lot" machen nicht nur Spaß, sondern sind auch im bewährten Blumentopf-Style lustig, gut durchdacht und auf eine sehr charmante Art unaufdringlich philosophisch.

Neben den diversen Projekten von "Das Bo", "Huss und Hodn" und "Texta" gehören Blumentopf seit jeher zum Besten, was deutscher Hip Hop zu bieten hat. Und im Gegensatz zu vielen anderen sind sie auch in ihren Konzerten eine Sensation. Zu Recht wurde ihnen vom Magazin Juice zweimal der Titel "Beste Live Band" verliehen. Sie kommen nach wie vor mit einer dermaßenen Frische daher, dass man beim Zuhören den Eindruck hat, man sei in der ersten Reihe vor der Bühne. Bei jedem Song spürt man die Lebendigkeit, als würden Master P, Kung Schu, Roger Specht und Holunder zu den Beats von Sepalot unmittelbar vor einem herumhüpfend in die Mikrophone rappen. Anfangs publizierten sie noch bei four music, wo die vier nachfolgenden Alben entstanden. Seit 2010 sind sie bei EMI unter Vertrag, wo sie nun mit „Nieder mit der GbR“ ihre zweite Produktion veröffentlichten. Ihre Liebe zum Oldschool ist seit ihren Anfängen unüberhörbar und an guten Texten hat es ihnen noch nie gemangelt, sie sind dope, def und fresh. Nach wie vor. Eben immer noch die selben.

Moses Wolff

Das Konzert am 22.12.2012 in der Muffathalle ist längst ausverkauft, doch für den 23.12.2012 gibt es noch Restkarten.

 

Veröffentlicht am: 09.11.2012

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KDRost
11.11.2012 12:46 Uhr

Möcht ich vielleicht am 23.12. hingehen!