Da lacht die Bohrmaschine: Der Hoferichter-Preis 2011 für Kerstin Specht und Jan Weiler wird zum kulturellen Klassentreffen mit 80er-Jahre-Sound
Kerstin Specht und Jan Weiler bei der Preisverleihung im Münchner Literaturhaus. Foto: Juliana Krohn
Der Hoferichter-Preis hat alljährlich zum Jahresbeginn eine schöne Funktion als eine Art erweitertes Klassentreffen der Münchner Kulturszene – und immer gibt es Überraschungen: Wie schaut der jetzt aus, was hat die gemacht? Und vor allem: Wer darf diesmal aufs Treppchen und wird somit aufgenommen in den Kreis der Fast-Schon-Unangreifbaren?
Die eine, die durfte, Kerstin Specht, Dramatikerin, fühlt sich nun mit dem Preis „auf Augenhöhe mit Freunden“ wie Keto von Waberer. Der andere, Jan Weiler, Autor, gestand, zuvor noch niemals irgendeinen Preis bekommen zu haben außer einen zweiten Platz beim Vorlesen von Borchert-Texten in der Sekundarstufe 1 – dieses Trauma könne er nun endlich überwinden.
Doch der Reihe nach: Oberbürgermeister Christian Ude, der inzwischen zu dem (heuer mit je 5000 Euro dotierten) Preis gehört wie die auf der Bühne stehenden Porträts des Stifterehepaares, wies auf die dramatische Ähnlichkeit von Specht mit Franzi Hoferichter hin. Diese können man aus einem Text von Ernst Hoferichter über die erste Begegenung mit Franzi von 1926 herauslesen: „Eine Figur, wendig wie die Rohre eines Staubsaugers“ und „rotes Haar flammte auf“. An Weiler imponierte Ude vor allem die Auflage seines Debütromans „Maria, ihm schmeckt's nicht“, denn mit 1,7 Millionen Büchern könne man jeden Münchner vom Baby bis zum Greis versorgen, und dann wären immer noch 400000 übrig.
Der Autor Tilman Spengler laudierte launig auf die gebürtige Fränkin Specht: „Ihre Stücke kann man nur mit Anstrengung dem Thema Heiterkeit subsumieren.“ Und das, obwohl für den Hoferichter-Preis neben Originalität und Weltoffenheit (sie ersetzt inzwischen die früher verwendete altertümliche Weltweite) auch Humor gefordert wird. Tilman: „Heiter sind ihre Texte, wenn wir ihr das Klare, Ungetrübte zusprechen.“ Specht nannte den Preis jedenfalls ein „Geschenk der Götter dieser Stadt“ und dankte diesen, angefangen beim OB und der Jury, was ja auch für ihren Humor spricht.
Die Moderatorin und Schriftstellerin Elke Heidenreich bekannte, den ausgezeichneten Jan Weiler wirklich zu mögen, da er zwar „oft mit dem verhängnisvollen Wörtchen ich operiert“, aber dabei „den Aberwitz der Welt in Worte bannt“. Weiler belegte dies prompt mit zwei Erzählungen aus seinem Leben, nämlich über den erwähnten Vorlesewettbewerb und über einen Wutausbrauch von Lothar-Günther Buchheim.
Dann kam der Musiker FM Einheit und traktierte zum Sound von der Festplatte Stahlfedern mit Hammer und Bohrmaschine. Ein interessantes Experiment vor allem in der Konfrontation mit dem graumelierten Teil des Publikums, der erkennbar um Fassung rang. Wer allerdings Einheits frühere Band, die Einstürzenden Neubauten, damals in den 80ern gesehen hat, konnte zu dem Schluss kommen, dass man seinem aktuellen Vortrag im Hoferichterschen Sinne lediglich Weltoffenheit und Humor zusprechen kann.