Millöckers Bettelstudent vom Gärtnerplatz im Prinze
Halt nur auf die Schulter geküsst
Das durch Umbau blockierte Gärtnerplatztheater gastiert mit Millöckers Bettelstudenten im Prinzregententheater. Ironie und Charme gingen unterwegs verloren.
Was für ein Einfall: Die Sachsen haben Krakau besetzt und es sich im heruntergekommenen Hotel „Polonia“ bequem gemacht – aber weil Operette eben nicht nur reines Vergnügen sein darf, hatte Regisseurin Emmy Werner die aufmüpfige Idee, man könne doch einen Rabbi durch die Lobby prügeln. Gedacht, getan. Der Rest der Inszenierung lief dann so ab, wie man es seit Jahrzehnten kennt: Altbackenes Rampentheater zum schnellen Vergessen.
Der, um den sich alles dreht, musste zunächst einmal damit kämpfen, dass sich seine Bühnenpräsenz in Grenzen hält. Und dennoch gelang es dem Sänger und Schauspieler Hans Gröning, sich als sächsischer Kommandant Oberst Ollendorf immer mehr in den Mittelpunkt vorzuarbeiten. Das war auch bitter nötig. Denn ohne seinen Fauxpas, einer verarmten polnische Komtesse zu nahe getreten zu sein, wäre „Der Bettelstudent“ gar nicht möglich.
„Ach, ich hab´sie ja nur auf die Schulter geküsst“: Hans Gröning sang dieses Klagelied eines eitlen Möchtegern-Casanovas mit einigem Nachdruck. Er war der einzige, den man im Prinzregententheater immer verstand. Dabei böte so manch´ andere Textzeile womöglich ebenfalls umstrittene Lebenswahrheiten, etwa jene: „Den Hunger spürt nur die Kanaille, und nur der Pöbel isst sich satt. Der wahre Adel hält auf Taille, natürlich wenn er eine hat.“
Trotz schmissiger Musik und einer heiter verworrenen Story, in der das Jonglieren mit Lüge und Intrigen zum guten Ton gehört, hat es Carl Millöckers einstige Erfolgsoperette nicht in die „Top ten“ unserer Tage geschafft. Vielleicht ja auch deshalb, weil es die Sänger nicht mehr gibt, die mit leichter Ironie und einer gehörigen Portion an Charme Akzente zu setzen vermögen. Ob Daniel Prohaska in der Titelrolle, Mathias Hausmann als sein Spezl oder die Damen Elvira Hasanagic und Simone Eisinger – es fehlte jene lässige Raffinesse, die für die Operette nun einmal unverzichtbar ist und auf die leider auch der Dirigent Michael Brandstätter diesmal viel zu wenig Wert legte.
Wieder am 16., 17., 26., 27., 29. und 30. April 2013 sowie im Mai im Prinzregententheater