Simone Kermes und Vivica Genaux im Herkulessaal
Barocke Rivalitäten und heutige Geschmacklosigkeiten
Einen historisch-musikalischen Wettbewerb zwischen zwei Barock-Diven, nämlich Faustina Bordoni und Francesca Cuzzoni wollten Simone Kermes und Vivica Genaux musikalisch in Szene setzen: Dass das auf der kahlen Bühne des Herkulessaales ohne den Charme verbindender Worte nicht einfach werden würde , war zu befürchten. Es kam schlimmer.
Zum allgemeinen Bedauern war Frau Kermes, deren Name besser Kirmes lauten sollte, wenn man in Rechnung stellt, wie sie sich auf der Bühne mit dem Charme einer Megäre aufführt, nicht mehr rothaarig wie auf den Plakaten. Dafür sang sie gewohnt schnell und gewohnt laut barocke Koloratur-Arien erster, zweiter und dritter Güteklasse und wies außerdem mit einem aufwendigem grünen Kleid, das beim Rezensenten deutliche Assoziationen an die Hauptfigur der legendären Muppet-Show hervorrief, die Konkurrentin in die Schranken.
Diese war um Temporeiches ebenfalls nicht verlegen, fiel aber dabei durch einen Wobbel in Stimme und Kiefer auf, der wie ein akustisches Stroboskop wirkte und ernste Sorgen um die Stimmbänder beim Rezensenten hervorrief. Davon abgesehen hatte sie allerdings das Unglück, mit dem einzigen(!) langsamen Satz während des ganzen ersten Konzertteils, unverhofft musikalisch werden zu dürfen und trug außerdem ein deutlich geschmackvolleres Kleid.
Das absolut unnatürliche Gehabe beider Damen sowie das Fehlen jeglicher Moderation ebenso wie Dekoration machte diesen Vortrag einfach zu einer Abfolge von sehr schnellen, laut gesungenen Koloratur-Arien des Barock, Prädikat "absolut unerträglich". Brillant und makellos hingegen das Orchester, die historisch musizierende Capella Gabetta - Chapeau!
Leider hielt es der Rezensent nur bis zur Pause aus. Sicher war danach alles ganz anders. Bravos und großen Beifall gab es jedenfalls schon im ersten Teil.
Aaron Tatzel