"Die Wahrheit" mit Michael von Au in der Komödie im Bayerischen Hof
Lieber beim Tennis gewinnen als mit der Frau des Freundes schlafen?
Eigentlich erstaunlich, dass sich Michael von Au und das Boulevardtheater nicht schon früher gefunden haben. Schließlich brillierte der Schauspieler, der 23 Jahre in Dieter Dorns Ensemble zu den Publikumslieblingen zählte, bereits am Residenztheater in Yasmina Rezas Stücken „Drei Mal Leben“ und „Der Gott des Gemetzels“. Da hatten die Aufführungen das Staatstheater-Prädikat. Jetzt adelt von Au - erstmals in der Komödie im Bayerischen Hof - das intelligente Lustspiel „Die Wahrheit“ von Florian Zeller als Hauptdarsteller. Das gibt's selten: Applaus für jede Szene der spritzigen Inszenierung von Frank-Lorenz Engel.
Der junge Franzose Florian Zeller gründelt nicht ganz so tief wie Yasmina Reza in der Psyche seiner Figuren. Aber auch bei ihm schleicht sich zunehmend Verunsicherung ein, bekommt die Fassade Risse. Vor allem bei Michel, der ein Verhältnis mit Alice, der Frau seines besten Freundes Paul, hat. Ein Leichtfuß und notorischer Schwindler: Michael von Au spielt einen sympathischen Hedonisten, der von einer Not-Lüge zur anderen hetzt. Für ihn ist die Lüge ein (Über-) Lebensmittel. Denn die Wahrheit würde den Alltag nachhaltig beschädigen.
Doch als Alice das Verhältnis beenden will und behauptet, ihr Mann ahne das Doppelspiel schon längst, steckt Michel in der Bredouille. Wie er sich gegenüber Paul, den er regelmäßig zum Tennis trifft, windet, um herauszufinden, was der wirklich weiß, ist eine der komischsten Szenen. Da sind die Dialoge schön doppeldeutig und entlarvend. Michels Adrenalinpegel steigt enorm: Offenbar wussten alle, auch Alice und seine eigene Frau Laurence, mehr als er. Was genau, lässt der Autor raffiniert offen. Von Au steigert Michels Aufgeregtheit und die Angst aufzufliegen bis zur Cholerik.
Ralf Komorr bleibt souverän als Gegenpol Paul, der gelassen sein eigenes Doppelspiel betreibt. Was hat Alice (Saskia Valencia wirkt entschlossen) ihm tatsächlich erzählt? Und was verbirgt der elegische Blick von Laurence (Alexandra Kamp), die offenbar auch mehr weiß, als Michel glaubte? Alle vier überzeugen im spannenden Wechselspiel aus Verdacht und möglicher Wahrheit. Frank-Lorenz Engel inszenierte ohne Drücker mit perfektem Tempo. Am Ende schreit der Betrüger Michel verzweifelt: „Bin ich der einzig Ehrliche?“ Er wird nie erfahren, ob ihn Paul beim Tennis immer absichtlich gewinnen ließ.
Komödie im Bayerischen Hof, bis 30. März 2014, 20 Uhr (So 18 Uhr), Telefon 29 16 16 33