"Sketches/Notebook" von Meg Stuart in der Spielhalle der Kammerspiele
Was für ein hyperaktiver Unsinn
Da wurde der Aufführungsort beim Namen genommen: Die Choreografin Meg Stuart machte die Spielhalle zur Spielwiese eines hyperaktiven Kindergartens. Ihre jüngste Produktion, „Sketches/ Notebook“, uraufgeführt 2013 in Berlin, eröffnete das „Relations“-Möchtegern-Festival der Kammerspiele mit drei Tanztheater-Gastspielen.
Die in Berlin lebende Amerikanerin, deren Compagnie Damaged Goods seit 20 Jahren ihren Sitz in Brüssel hat, ist quasi Artist in Residence in der „Relations“-Reihe der Kammerspiele, mit der Intendant Johan Simons das Haus für andere Sparten öffnet. Speziell für München beschäftigte sich Meg Stuart 2012 in „Built to last“ mit den Denkmälern der Stadt. Aber: Je mehr ihrer Produktionen man sieht, desto mehr entzaubert sich ihr Nimbus als Star-Choreografin. Es scheint, dass ihr nicht mehr viel einfällt.
Schon bei „Built to last“ integrierte sie Kammerspiele-Darsteller. Für „Sketches/ Notebook“ holte sie Bildende Künstler und Musiker in ihr Ensemble. Hier dürfen zwölf kreative Zappelphilippe (darunter auch Stuart selbst) ihr ADHS-Syndrom austoben. Sie hopsen, springen, rennen durch den Raum, rudern wild mit den Armen, befummeln gegenseitig ihre Gesichter wie Affen, wühlen in Fellen oder legen sich den Zuschauern zu Füßen. Um gleich wieder zu einem Kleiderständer zu hecheln, wo sie zum nächsten Grotesk-Outfit greifen. Zum Gezappel dröhnt eine Endlosschleife pompöser Filmmusik. Man atmet auf, als endlich Ruhe eintritt.
Der Titel ist Programm: Bis zur Schmerzgrenze ausgewalzte Skizzen, zusammenhanglose Ideen. In stillen Momenten gibt es auch schöne Bild-Erfindungen. Ein verknäulter Körper-Pulk wälzt sich wie eine amorphe Riesenamöbe durch den Raum, später verschlingt ein solcher Haufen einen Tänzer kopfüber wie eine fleischfressende Pflanze. Die nackte Meg Stuart wird von einem Garderobier barock bekleidet mit Bettdecken, gegen Ende ziehen Video-Lichtreflexionen den Blick an. Aber die hübschen Einfälle tragen nicht mal über die Hälfte der fast zwei Stunden, deren Rest mit hyperaktivem Unsinn nervt.
Spielhalle der Kammerspiele, „Non Stop“, 14., 15. Mai, „For Love“, 18. 19. Mai 2014, 20 Uhr, Telefon 233 966 00, www.muenchner-kammerspiele.de