Osram Kunstpreis 2015 "LIO - Light Is Osram"
Ein bisserl Erleuchtung
Der weltgrößte Lichthersteller Osram macht etwas sehr Gutes: Er finanziert und verleiht einen Preis für junge Künstler. Heuer zum zweiten Mal, nachdem 2013 die langjährige Präsentation von hochklassigen Lichtkunstwerken vor dem (damaligen) Firmensitz am Mittleren Ring in Giesing nach einem Umzug an die Autobahn im Münchner Norden obsolet geworden war. Im Ehrensaal des Deutschen Museums wurde nun der "LIO - Light Is Osram" überreicht und dabei - bleiben wir im Bilde - ein Schlaglicht auf gleich mehrere Aspekte von Kunst und Mäzenatentum geworfen.
Vorneweg: Den ersten Platz erklomm die Italienerin Elisa Spanò deren wandreliefartige Spirale "Inspira", die "Stimmungen von Internetnutzern in verschiedene Farben übersetzen" kann, so der offizielle Text. Zwei zweite Preise gingen an Peter Bahner ("Lightbridge") und David Hartgenbusch ("Peek"), ein dritter Preis an Maximilian Philipp Maria Brück ("Twinkle Light"). Die Preise sind mit je 5000, 3000 und 2000 Euro dotiert.
Der "LIO" wird von Osram gemeinsam mit der Köln International School of Design ausgeschrieben und stand heuer unter dem Motto "Light Connects. In the public space", er verlangte also Antworten auf die Frage, wie man mit Leuchtdioden-Technik Menschen in öffentlichen Räumen miteinander verbinden kann.
Schon zu Beginn der feierlichen Präsentation lag allerdings beim Anwärmen des weichen Ehrensaalsessels des Deutschen Museums der Gedanke nahe, dass man sich grundsätzlich entscheiden sollte, ob man eine Veranstaltung auf Deutsch oder auf Englisch abhält. Der durchaus halbwitzige englischsprachige Trailer, mit dem Ausschreibung und Preisfindung erläutert wurden, sorgte jedenfalls für einen so holprigen Einstieg, dass es der gesamten Routine der auch sonst maschinenhaft professionellen Moderatorin Nina Ruge bedurfte, um den drohenden Stimmungsabfall im Saal aufzufangen. Sie erkannte das Problem sofort, wartete nicht auf einen mutmaßlich trägen Eröffnungsapplaus, sondern sprang mit einem "Hübsch, gell" auf die Bühne und in das von ihr fortan ganz "V.I.P."-mäßig geführte Programm.
Ruge beherrscht die oft unterschätzte Kunst der Moderation meisterhaft. Und dennoch war ihre spezielle Art, jedwede Kommunikation zu blondieren, im Kunstmetier so fremd wie es ein ZDF-Fernsehgarten im Jugendprogramm wäre.
Mehrmals verwendete Sprüche wie "Sie können es heute bis zur Erleuchtung schaffen" sind beim Kunstpreis eines Lampenherstellers genau das, was die Sache nicht befördert. Auch dann nicht, wenn zur Abwechslung der Satz "Jetzt geht Ihnen ein Licht auf" eingestreut wird.
Ebenso wurde mehrere Male an unterschiedlichen Stellen die Frage wiederholt, ob denn die Osram-Beleuchtungstechnik, welche zuletzt in der Sixtinischen Kapelle zu Rom spektakulär ihre Qualitäten beweisen durfte, "nicht auch was für das Deutsche Museum wäre". (Das Deutsche Museum ist bekanntlich ein hunderte Millionen Euro teuerer Sanierungsfall.) Erstaunlicherweise entgegneten sowohl Hausherr Wolfgang Heckl wie auch die Osram-Spitze ein etwas gequältes: "Das wird teuer." Man konnte also durchaus schlussfolgern, dass hier zusammenwächst was zusammengehört.
Direktor Heckl schlug lieber einen Bogen zu den großen Fragen der Wissenschaft, denn weit vor allen Fragen der Kunst weiß man ja noch nicht einmal genau, ob das Licht eine Welle oder ein Teilchen oder irgendwie beides ist. Sehr wohl weiß man aber bei Osram, und hörte es sogar aus dem Munde des Vorstandsvorsitzenden, dass gutes Licht besonders gesund ist. Das dürfte richtig und wahr sein, und dennoch ist es eine Aussage, die beim Kunstpreis eines Lampenherstellers ebenjenen nicht unbedingt wertiger erscheinen lässt. Und dass "Licht Leben ist", woran "wir bei Osram arbeiten" ist zumindest im ersten Teil eine Feststellung, an der sich ein Biophysiker wie Heckl sicher trefflich reiben könnte, aber an einem solchen Abend eher nicht.
So ging es dann weiter zur LED als solcher, die ein "Effizienzweltmeister" ist, und zum "Licht 3.0", ein "Megatrend". Alles "V.I.P."-Sprache, aber es kann ja nicht schaden, wenn man auch den Künstlern mal etwas verständlich erklärt.
Einen sehr schönen und vor allem angenehm entspannten Beitrag - mal schrullig und mal lyrisch - steuerte der Slam-Poet Pierre Jarawan bei, mit einem Wortspiel und einem Text zeigte er wie ein Thema künstlerisch und unterhaltsam umspielt werden kann.
Nun also die Kunst höchstselbst. Die LED-Sieger-Leuchte "Inspira" von Elisa Spanò muss für sich die Frage nach der verbindenden Agitation im öffentlichen Raum ein wenig dahin umdeuten, dass eben das Internet "der größte öffentliche Raum" sei. In diesem hält sie sich zwar nicht auf, bezieht aber Informationen oder Ähnliches aus ihm. Das muss man ja nicht gleich bekritteln, wenn ein Kunstwerk (im Gegensatz zu den nachgeordneten Preisträgern) besonders gut geeignet erscheint, um es, zum Beispiel, im halböffentlichen Raum einer Firmenzentrale aufzustellen. 'Inspira" überzeugte offenbar die Jury, weil es irgendwie Gefühle aus dem Netz abbildet und dabei in verschiedenen Farben vor sich hinleuchtet.
Die zugrundeliegenden Daten beziehe das Kunstwerk "von einer Online-Plattform, die Emotionen von Internet-Nutzern einfängt".
Der Wunsch, auf diese Weise "Gefühle aus dem Netz" oder am Ende gar "das Gefühl" oder - noch doller, aber offiziell - "ein Stimmungsbild des World Wide Web" abbilden zu wollen, ist zwar schon vom Ansatz her das, was man in München einen Schmarren nennt, aber es ist bunt und kann an einer Wand befestigt werden. Zudem hat "Inspira" noch eine weitere Dimension, indem es "zeitweise auch mit direkten Betrachtern interagiert", denn "eine spezielle Software des Fraunhofer-Instituts erfasst deren Emotionen". Das Ergebnis ist überraschenderweise eine bunt leuchtende Spirale, und ob das Bunt gerade dem Web oder dir und mir gehört, ist sicherlich ein sehr geheimnisvoller Mythos.
Der erste Preis ist also "nicht nur dekorativ", wie Ruge es tatsächlich formulierte, ein Satz, der bei einer Kunstveranstaltung ein künstlerisches Todesurteil gewesen wäre.
Doch was soll man denn sagen, außer dass hier mit bewundernswertem Aufwand und privatem Geld etwas für Künstler getan wird, und dass das bitte auch weiterhin zum Ruhme einer sehr honorigen Firma stattfinden sollte? Nina Ruge hatte natürlich das passende Schlusswort: "Ein bisserl Erleuchtung war schon dabei, oder? "
Die sehenswerte kleine Sonderausstellung "Licht ist mehr" zum "Internationalen Jahr des Lichts" im Deutschen Museum ist bis zum Frühjahr 2016 zu sehen, zu finden im 3. Obergeschoss auf der Empore Mikroelektronik/Informatik. "Inspira" leuchtet dort bis Ende Februar.