Ausstellungen zeigen die Auseinandersetzung von Künstlern mit der Revolution 1918

Rote Fahnen beleuchten Grau in Grau

von Karl Stankiewitz

Zeichnung von Heinrich Kley

Was vor hundert Jahren in München und rundum geschah, wird gern als „Aufstand der Literaten“ bezeichnet – oder verspottet. Eine Ausstellung in der Monacensia („Dichtung ist Revolution“) verweist durch Textbezüge von Kurt Eisner, Gustav Landauer, Erich Mühsam und Ernst Toller auf diesen historischen Aspekt. Weniger bekannt ist, dass auch die Bildende Kunst jener „sozialen Revolution“ (Eisner) ihren Stempel aufgedrückt hat - ähnlich wie in der Studentenrevolte 50 Jahre später.

Und schließlich zeigt das Stadtarchiv Plakate, Flugblätter und Schlagzeilen zum „Machtwechsel“. „Die Freiheit erhebt ihr Haupt“ hieß zudem eine Ausstellung in den Rathaus-Arkaden, wo Oberbürgermeister Dieter Reiter dieser Tage die drei Enkel von Kurt Eisner begrüßt hat.

Neben Beiträgen heutiger Künstler finden sich hier, wenn auch etwas versteckt und meist nicht im Original, auch ein gutes Dutzend Arbeiten, die während der dramatischen Novembertage oder bald danach entstanden sind. Einige der Künstler hatten sich aktiv am Umsturz beteiligt. Mitglieder des 1919 in München gegründeten Aktionsausschusses revolutionärer Künstler waren Georg Schrimpf, der mit dem Porträt seines Freundes Oskar Maria Graf ein Meisterwerk der Neuen Sachlichkeit geschaffen hat, ebenso wie der Schweizer Paul Klee, der einen „jungen Proletarier“ porträtiert hat. Klee arbeitete mit seinem Freund Hans Reichel im Schwabinger Suresnes-Schlösschen (auch Werneckschlößl genannt, heute Wohnsitz von Kardinal Marx), wo beim blutigen Ende des Räte-Regimes der zeitweilig mitregierende Dichter Georg Toller aus seinem Versteck geholt wurde.

Zeichnung von Heinrich Kley

Holzschnitte, wie sie der Expressionismus liebte, gibt es auch von Kurt Eisner und vom revolutionären Dichter Rainer Maria Rilke. Beide hat Fritz Schaeffer geschaffen, der, schwer verwundet von der Front gekommen, die kulturpolitische Zeitung „Der Weg“ herausgegeben hat. Weniger bekannt sind andere Revolutionskünstler: Albin Tippmann, Hans Richter, Carl August Jäger, Emanuel Bachrach-Barrée, Heinrich Ehmsen, Karl Roth (der eine Gedenkmedaille modellierte) und Aloys Wach (der für die Zeitschrift „Süddeutsche Freiheit“ zeichnete).

Elf aquarellierte Zeichnungen von Heinrich Kley fanden sich unvermutet im Archiv des Valentin-Karlstadt-Musäums. Sie geben den – damals aus Kasernen und Betrieben herbei getrommelten - Revolutionären gewissermaßen ein Gesicht. Soldaten schlottern in Uniformmänteln, Matrosen und Arbeiter mit umgehängten Gewehren stehen herum oder sitzen auf Kraftwagen. Sie winken, treiben sich an. Passanten huschen schemenhaft vorbei. Kein Jubel erkennbar, eher Enthusiasmus. Nur rote Fahnen oder Armbinden beleuchten ein wenig das Grau in Grau. Es sind Szenen des Wartens und Aufbruchs, die an bestimmten Novembertagen skizziert und datiert wurden. Der 1863 in Karlsruhe geborene Heinrich Kley hatte hauptsächlich – auch dies wird hier erstmals publik gemacht -  für den „Simplicissimus“ gearbeitet; ganze Ausgaben wurden ausschließlich von ihm gestaltet. 1914 trennte er sich von dem Satire-Blatt, nachdem es auf Kriegskurs umgeschwenkt war. Später hat er noch einige Walt-Disney-Filme künstlerisch beeinflusst. Den Nachlass erwarb der engagierte Sozialist und Kunstmaler Hannes König, der das „Musäum“ im Isartorturm aufgebaut hat, 1957 von der Witwe des Zeichners, der kurz vor Kriegsende in München starb.

Die vom "verdi.Kulturforum" veranstaltete Ausstellung in den Rathaus-Arkaden lief leider nur bis zum 24. November 2018, die im Valentin-Musäum ist bis zum 12. Februar 2019 zu sehen, die in der Monacensia bis 30. Juni 2019 und die mit einer Vortragsreihe veranstaltete Ausstellung im Stadtarchiv bis 27. Juli 2019 (freier Eintritt).

 

 

Veröffentlicht am: 29.11.2018

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