Alois Hundhammer, eine politische Legende, die vor 50 Jahren endete
Als der große Schatten langsam von Bayern wich
Vor 50 Jahren endete die Karriere eines Politikers, der in und für Bayern ebenso wichtig, ja symbolisch war wie Franz Josef Strauß, der aber inzwischen weitgehend vergessen ist. Genau ein halbes Jahrhundert stand er im politischen Leben - „unverrückbar wie ein Leuchtturm“, rühmte die von ihm mitgegründete CSU nach.
Und genau ein halbes Jahrhundert ist nun vergangen, dass dieser Mann sein letztes Amt, das zweithöchste im Freistaat, aufgegeben hat. Mit dem Rücktritt des weißbärtigen Ministers Dr. Dr. Alois Hundhammer an seinem 69. Geburtstag, dem 25. Februar 1969, löste sich Bayern – wenn auch noch nicht ganz – aus dem großen schwarzen Schatten klerikal-konservativer Staatsführung. Mit eiserner Strenge hat dieser Politiker für eine christlich geprägte Demokratie gekämpft. Als 19-Jähriger stand er, das älteste von 13 Bauernkindern, in den Reihen der Freikorps gegen die Spartakisten. Als jüngstes Mitglied des bayerischen Landtags und Bauernfunktionär erhob er seine Stimme gegen die Faschisten, die ihn gleich 1933 ins KZ sperrten. Als Schuhmachermeister und Soldat überstand der studierte Historiker und Volkswirtschaftler die düstere Zeit.
Dann war Hundhammer unter den Gründungsvätern der CSU, deren konservativen Flügel er zunächst als Fraktionsvorsitzender repräsentierte und mit seinem einflussreichen „Petrakreis“ abschirmte gegen die von Josef Müller („Ochsensepp“) und später von Strauß geführten „Liberalen“. 16 Jahre als Kultus- und Landwirtschaftsminister machten den glühende Katholiken zu einer Schlüsselfigur im Nachkriegs-Bayern. Öfter als andere wurde der „Alisi“ kritisiert und karikiert, viele kuschten. Eher komisch als staatstragend klingen heute Erinnerungen an jenes „alte Bayern“ nach, das Männer wie Hundhammer maßgebend prägten und das erst von der Seehofer-CSU ausdrücklich verabschiedet wurde.
Dass im Juni 1949 das Werner-Egk-Ballett „Abraxas“, bei dem Mädchen in dünnen Trikots um den Teufel tanzten, wegen „Blasphemie“ im Staatstheater abgesetzt wurde, dass Politiker der Bayernpartei in einen Meineid getrieben und somit Konkurrenten ausgeschaltet wurden – bei derlei „Säuberungen“ hatte stets der unerbittliche Hundhammer seine Hand im Spiel. Als dann das Jahr 1968 eine Zeitwende ankündigte, sammelten sich in Tuntenhausen die schwarzen Kader. Hundhammer, Vorsitzender des Katholischen Männervereins und inzwischen stellvertretender Ministerpräsident, rief in dem Dörfchen am Inn zum Widerstand auf gegen die „Progressiven“, gegen die Anpassung kirchlicher Würdenträger an den Zeitgeist, gegen die Katholische Akademie, die dem „Pornographen und Gotteslästerer“ Günter Grass ein Podium biete. Sogar Münchens Reform-Kardinal Döpfner, der Vater des Vatikanischen Konzils, wurde angegriffen - als „Großprotektor der Häretiker“.
Ganz fürchterlich fanden die Protektoren der alten Zeit den Aufruf einer katholischen Zeitung: „Meldet Euch zu Wort! Werdet ungemütlich!“ Und es wurde ungemütlich im schönen schwarzen Land - und zugleich heller. Aber ein besonders dunkles Relikt aus der alten Zeit blieb Bayern – und nur Bayern - vorerst erhalten: die körperliche Züchtigung in der Schule. Das noch aus brauner Zeit stammende Recht des Lehrers, renitente Schüler mit dem Rohrstock zu strafen, war zwar im Juni 1946 unter dem SPD-Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner außer Kraft gesetzt, ein Jahr später jedoch von Hundhammer wieder eingeführt worden. Nach dessen Rücktritt nun versuchte die oppositionelle SPD zwar abermals, den „Prügel-Paragraphen“ endlich abzuschaffen. Das aber wollte die CSU nur „anstreben“. Was erst 1983 dem vergleichsweise liberalen Kultusminister Hans Maier gelang.
Der Beitrag stützt sich auf das „Weißblaue Schwarzbuch“ von Karl Stankiewitz.