Kein Frieden in Sicht
Marla Glen beginnt ihr Konzert mit einem Versprechen. „It’s all about the Blues“, ruft sie dem Publikum in der Muffathalle zu. Doch sie wirkt erschöpft, nörgelt über den Bühnensound und verlässt ohne Verbeugung die Bühne – amateurhaft für eine 51-jährige Profimusikerin, die 1993 mit ihrem grandioses Album „This is Marla Glen“ Gold und Platin gewann.
Sie hat die Stimme, die man unter tausenden wiedererkennt. Marla Glen beißt sich in ihren Liedern fest und schreit immer wieder gegen Ungerechtigkeiten des Kapitalismus an. In der Muffathalle beschimpft sie jedoch nach dem ersten Lied den Bühnentechniker, droht ihm und spricht von Blut, das nach der Show fließen wird. Sie mag ihre Worte überspitzt gewählt haben, um das Publikum zu unterhalten. Doch die Angriffslust passt nicht zu ihren Texten für eine friedliche, harmonische Welt.
Marla Glen hadert an diesem Abend auch mit sich selbst – eigentlich beste Voraussetzungen, um in die Tiefen des Blues vorzudringen, das innere Unbehagen nach außen zu kehren.
Sie ruft im Lied „Travel“ ihr Vorbild Nina Simone herbei, dankt ihr in der Textzeile „She taught me how to write.“ Doch Marla Glen wankt auf der Bühne, kauert sich immer wieder auf das Podest des Schlagzeugers und versinkt im Selbstmitleid: „If I fuck up, it’s because I am singing everyday.“
Um sie zu stützen, hat Bandleader und Gitarrist Michael Rüber eine Zehn-Personen-Band mitgebracht. Mal rockig, mal soulig: Die Musiker beherrschen ihr Handwerk hervorragend und sorgen gemeinsam für Abwechslung bei den Liedern des neuen Albums „Humanology“. Leider sind die Arrangements bis ins letzte Detail durchkomponiert und so wirken die Lieder zu dicht, zu eng. Sie lassen den Raum vermissen, den Marla Glen für Improvisation bräuchte und für den Augenblick des großen Gefühls. Kurz: für den Blues.
So gerät Marla Glen zur Statistin in ihrer eigenen Show. Nach dem letzten Ton verschwindet sie hinter der Bühne. Irritiert vom Rückzug der launischen Diva, empfängt die Band alleine den Applaus des Publikums. Das Projekt „Weltfrieden“ muss klein anfangen. Und Marla Glen kann gleich bei sich beginnen.