Vom Missverständnis zum Happy End - Yannick Nézet-Séguin und das Rundfunk-Sinfonieorchester
Erst hatte er wohl etwas falsch verstanden, dann erholte er sich und lief zur erwarteten Form auf. Über einen wundersamen Konzertabend.
Es begann mit einem Missverständnis. Yannick Nézet-Séguin, der kanadische Gast am Pult des Rundfunk-Sinfonieorchesters, zerlegte in der Philharmonie Ravels "La Valse" in geschmäcklerische Einzelteile. Ständige Tempowechsel sollten offenbar das Stück aufpäppeln. Dabei lebt es doch eigentlich davon, dass ein strikt durchgehaltener Dreivierteltakt sich am Ende selbst zerstört.
Danach musizierte Frank Peter Zimmermann Beethovens Violinkonzert mit atemberaubender Souveränität. Das Larghetto gelang unwiderstehlich eindringlich, weil auch der Dirigent für Momente jene Empfindsamkeit entdeckte, die der Geiger dem Orchester, allzu oft vergebens, anbot. Dass Nézet-Séguin auf einen Dialog verzichtete und nur gefällig begleitete, anstatt eigene Akzente zu setzen, irritierte beträchtlich.
Im zweiten Teil Mendelsohns "Meeresstille und glückliche Fahrt" und Debussys "La mer" - da hatte sich doch tatsächlich jemand etwas dabei gedacht: Wassermusiken, einmal romantisch weichgespült und dann impressionistisch verklärt. Hier zeigte der designierte Chef des Philadelphia Orchestra endlich, warum er derzeit in aller Munde ist. Er animierte die Rundfunksinfoniker zu hinreißender Klangakrobatik. So stand einem Happy End dieses zum Teil recht wundersamen Konzerts nichts mehr im Wege.