Das letzte Einhorn weint: Zur Pleite von André Hellers doch nicht so zauberhaftem Spektakel „Magnifico“
Sehr schade: Aus Magie wurde ein Vorgang namens Insolvenzantragsverfahren. Foto: www.peterrigaud.com
Es ging noch viel schneller als ohnehin befürchtet: André Hellers Pferde-Show „Magnifico“, die erst im Februar dieses Jahres in München Weltpremiere hatte, ist pleite. Auf der Web-Seite des Unternehmens wird informiert, dass „zu hohe Produktionskosten in die Krise führten“. Wegen des bereits laufenden Insolvenzantragsverfahrens bekommen Käufer von Vorverkaufs-Tickets derzeit nicht einmal ihr Geld zurück.
So platzen die „guten Träume“, die Heller vor der Premiere beschworen hatte: „Letztlich mussten wir erkennen, dass die mangelnde Liquidität die geplante kostenaufwändige Aufnahme des Showbetriebs derzeit verhindert.“
In der Süddeutschen Zeitung (21. Juli 2011) heißt es: „Nicht genug (…) wollten eintauchen in Hellers Märchenwelt. Die Besucher blieben fern.“ Lange hatte man noch versucht, sich die Lage gut zu reden. Ende März hatte der Münchner Merkur berichtet (29. März 2011), die Show sei „vorerst gestoppt“ worden, da Heller das aktuelle Show-Zelt (!) für missraten halte und zunächst ein neues anfertigen lassen wolle. Auch „Korrekturen“ an der Show seien nötig. Im Mai hatte Magnifico-Sprecher Michael Wanhoff dem Kulturvollzug noch mitgeteilt, dass bis zum August und den geplanten Aufführungen in Frankfurt alles fertig sein solle. Hellers Forderung nach einer „Gesamtüberarbeitung“ sei „mutig, aber richtig“.
So traurig und bitter das Aus für alle Beteiligten an solch einem künstlerischen Großunternehmen ist, überraschend kommt es nicht. Erstaunlich ist eher, wie bereitwillig viele Premierenkritiker offenkundig die Augen schlossen und im besten Fall die Hellerschen Träume träumten, während auf der Bühne deutlich und schnell abzulesen war, dass hier ein Plan nicht funktionierte.
Manchmal war es wohl die Leidenschaft fürs popkulturelle Überhöhen, die die Sinne trübte, etwa wenn solche Sätze produziert wurden (SZ): „Und wenn der Wiener Monumentalpoet bei der Weltpremiere in einer kragenlosen Nehru-Jacke die Bühne betritt und in seinem weinerlichen Wienerisch das Publikum bittet, doch ,ganz viel positive Energie' zu schicken, schielt man als Kulturjournalist schon mal nach dem Notausgang. Aber dann hätte man gar nicht erst kommen sollen. Und man würde eine exemplarische Gelegenheit verpassen, einen essentiellen Kern der Popkultur zu studieren.“
Oder es dürfte die verzweifelte Flucht in die unreflektierte Promi-Jubelei gewesen sein, die zu solcher Lektüre führte: „Auch zahlende Besucher wird Magnifico bezaubern. Es sind drei Stunden Genuss ohne Reue, beste leichte Unterhaltung. Was wirklich eine Kunst ist.“ (AZ)
Man konnte ein paar der Entwicklungen, die jetzt leider eingetroffen sind, mehr als ahnen. Nur deshalb möchten wir alle, die für die eigentlich schöne Idee von Magnifico Sympathien hatten oder dem ewig umtriebigen André Heller nochmal einen richtigen Welterfolg gegönnt hätten, einladen, bei der Ursachenforschung unsere Premierenkritik einzubeziehen. Denn es ist schade, „unendlich schade“, wie Heller sagen würde, wenn soviel Kraft, Geld und Arbeit, „soviel gute Energie“, wie Heller sagen würde, für die Katz' war, weil man sich zu lange etwas vorgemacht hat.