Zwischen Leidenschaft und Melancholie: Jonas Kaufmanns Liederabend im Nationaltheater
Das Motto des Abends fand sich in den von Franz Liszt vertonten Goethe-Worten "Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, glücklich allein ist die Seele, die liebt." Dass sich der Münchner Startenor im ausverkauften Nationaltheater in den Wechselbädern zwischen Leidenschaft und stiller Melancholie am wohlsten fühlte, wenn es um Weltschmerz, Liebeskummer und ähnliche Unpässlichkeiten ging, überraschte dann doch.
Lautstark effektvollen Emphasen in Musik und Text begegnete Jonas Kaufmann gradlinig, kühl und reserviert. Etwa in den Liedern von Richard Strauss: ob er nun das "Schlechte Wetter" bejammerte oder zu Liebesschwüren ausholte ("Zueignung") - da ließ er sich zwar hinreißen, aber die Zuhörer überrumpeln zu wollen, nein, das schien ihm dann doch zu vordergründig glamourös.
Das Programm war klug gewählt. Zunächst weitgehend Unbekanntes von Liszt. Hier, wie auch in der Auswahl von Duparc (1848-1933), konnte Jonas Kaufmann zeigen, wie geschmackvoll er mit zurück genommener Stimme zu phrasieren versteht. Bei den fünf Mahler-Gesängen nach Texten von Rückert war eine gewisse Gleichförmigkeit des Ausdrucks womöglich gewollt. Schließlich zeugen Zeilen wie "Ich bin der Welt abhanden gekommen" nicht gerade von ungezügelter Lebensfreude.
Einen hervorragenden Eindruck hinterließ einmal mehr der Begleiter am Flügel, Helmut Deutsch. Wie er so manche lapidare Schlussnote, etwa bei Strauss, durch winzige Tempo-Verzögerungen pointierte, war nicht nur meisterlich inszeniert, sondern sorgte ganz nebenbei auch dafür, dass der Applaus noch um einige Grade enthusiastischer ausfiel.