Musikalischer Wildwuchs für jeden Geldbeutel - Zum Subkultur Open Air in Fürstenfeldbruck
Alles eine Frage der Einstellung: Für die Fürstenfeldbrucker Jugend ist jetzt Sommer, auch wenn das Wetter kühl und trüb ist. Mit Schlauchbooten kommen sie zum Subkultur Open Air, legen sich ins trockene Plastikboot und begeben sich auf eine Rundfahrt quer durch die Musikstile.
Von Pop über Rock bis HipHop - zwei Tage lang präsentierten die Veranstalter des Open Air am Alten Schlachthof ein vielseitiges Musikprogramm. Am Freitag musste man noch gelegentlich in die Halle ausweichen, doch am Samstag gab es nur Konfetti-Regen. Den brachte die Band UhOh aus Berlin mit. Ja, Berlin: Zwar ist es das Hauptanliegen des Vereins Subkultur regionale Bands zu fördern und ihnen eine Plattform für Konzerte zu bieten. Doch für das Open Air lädt man auch Bands ein, die nicht aus Fürstenfeldbruck und München kommen.
UhOh zeigten eine in ihrer Konsequenz beeindruckende Bühnenshow. Mit einfachsten Mitteln verwandelte man das Schlachthof-Gelände in ein absurd-komisches Musiktheater: Mehrmals zog sich Sängerin Nina Casey hinter glitzernden Alu-Wärmedecken um, erstrahlte eingewickelt in eine Lichterkette oder warf im durchsichtigen Plastikkostüm mit bunten Papierschnipseln um sich. Die Musik: laut, synthetisch, eingängig und tanzbar. Vor allem aber ein Kontrast zur Band davor: Tonwertkorrektur.
Als Sieger des "Sprungbrettwettbewerbs" 2009 ist das Trio längst kein Geheimtipp mehr in München. Lena Britzelmair stand scheinbar schüchtern auf der Bühne, nippte am Bier und hauchte zwischen den Liedern meist nur ein kurzes "Danke" ins Publikum. Doch wenn sie sang - mal zerbrechlich, mal aggressiv - trat man automatisch einen Schritt näher. Großartig auch, wie Julian Kincses mit seinen verzerrten Bass-Akkorden den Songs immer wieder eine unerwartete Wende gab.
Auch Been Obscene aus Salzburg wissen was sie können: Ihr melodischer Rock kam gut an beim Publikum, denn er bot aus allen Rock-Schubladen etwas, vom rifforientierten Metal bis zu vereinzelten sphärisch-psychedelischen Klängen. Allein die Stimme konnte sich bisweilen nicht durchsetzen.
Die Stimme von Edgar Wasser hingegen ging nie unter - leider, denn der einzige Rap-Act des Tages war vollkommen verzichtbar. Edgar Wasser sagte zu Beginn seines Auftritts "Es wird unfassbar mittelmäßig" und das war kein Understatement. Selbstironisch und möchtegern-subversiv wollte er mit seinen Texten provozieren, Grenzen überschreiten und "lyrische Raffinesse" beweisen - doch vergeblich. Dass sein Satz "Wenn der Beat stimmt, ist es egal wie die Texte sind" nicht richtig ist, weiß er wohl selbst am besten.
A Home. A Heart. Whatever sowie Miss Mango spielten bereits am Nachmittag und sorgten für einen gelungenen Beginn des Open Air am Samstag. Die Veranstaltung lohnt sich, auch wenn das nichts mit einer prall gefüllten Kasse zu tun hat. Zwei Tage Subkultur Open Air kosten nur fünf Euro Eintritt - die Konzerte soll sich wirklich jeder leisten können, selbst wenn der Verein damit Verlust macht.
Gespannt sein darf man, wie es weitergeht: Der Alte Schlachthof wird dem Verein Subkultur bald nicht mehr zur Verfügung stehen. Schon im nächsten Jahr wird ihn Rüdiger Veith, Geschäftsführer der "music support group / Deutsche Pop", kaufen und dort seine "FH für populäre Künste" eröffnen. Er möchte junge Menschen nach Lehrplan und mit Bachelor-Abschluss zu Mediendesignern und Medienmanagern ausbilden. Für den Verein Subkultur steht dann eine Halle der Stadtgärtnerei zur Verfügung. Bleibt zu hoffen, dass Subkultur dort weiter wild wachsen kann.