Mozart im Wald der intellektuellen Floskeln: Claus Guth verpasst in Salzburg Chance zur Korrektur von "Cosi fan tutte"
Von seinen Inszenierungen der drei Da-Ponte-Opern gefiel ihm die letzte, „Cosi fan tutte“, am wenigstens. Einmalig für Salzburg: Claus Guth bekam die Chance, das Ergebnis zu korrigieren. Doch auch die grundlegend revidierte Neufassung gibt keine Antworten. Den heftigen Schlussapplaus hatten sich allenfalls Dirigent Marc Minkowski und seine prächtigen „Musiciens du Louvre“ verdient.
Selbst dort, wo man es am wenigsten erwartete, gab es mehr Schatten als Licht. Das Sängerensemble wirkte willkürlich zusammen gestellt. Christopher Maltmans vorwitzig robuster Bariton (Guglielmo) passte nicht zum wenig schönen, dünnen Tenor-Timbre von Alek Shrader (Ferrando). Der flackernde Mezzo der Kanadierin Michèle Losier (Dorabella) ließ jeglichen Ausdruck vermissen. Anna Prohaska, als Geheimtipp gehandelt, verwandelte die Kammerzofe Despina in ein humorloses Nervenbündel. Lediglich Bo Skovhus (Don Alfonso) und Maria Bengtsson (Fiordiligi) genügten höheren Ansprüchen.
Jetzt also ist es endgültig: Claus Guths „Cosi“ kennt keinen Spaß. In Christian Schmidts dreistöckiger Schickeria-Villa ist der Katzenjammer eingekehrt. Die beiden Paare betreten die kahlen weißen Räume wie Patienten einer Nervenklinik. Sie werden von zwei schwarzen Engeln – Despina und Don Alfonso – erwartet. Ein kühl kalkuliertes Drehbuch treibt das Experiment voran, im ersten Akt schlüssig, spannend und durchaus eindringlich.
Dann aber verflacht das Geschehen. Der Wald, den wir aus Guths „Don Giovanni“ kennen, hat sich der unschuldig weißen Raum-Architektur bemächtigt. Fiordiligi und Dorabella beschmieren sich mit Erde, ein banaler Hinweis, dass ihre Hemmungen bröckeln. Die Fingerzeige und vagen Andeutungen der Regie bleiben an der Oberfläche. Sie wirken glatt und wichtigtuerisch.
Ein Glück, dass wenigstens die Musik immer wieder erklärt, was die Inszenierung lediglich vorgaukeln möchte. Marc Minkowski, der designierte Chef der Salzburger Mozartwoche, entlockte den „Musiciens du Louvre“ einen leichten, schwebenden Klang. Es gab eine Menge an überzeugenden instrumentalen Details zu bestaunen. Und obwohl die raschen Tempi anfangs irritierten, ergaben sie doch Sinn. Trotz heftiger Akzente ordnete sich das Orchester stets den Sängern unter. Lediglich das vorlaute, dick aufgetragene Hammerklavier-Continuo (Francesco Corti) fiel aus dem Rahmen.
Zu Recht erhielt der Dirigent am Ende den meisten Beifall. Mit besseren Sängern hätte die Aufführung zumindest musikalisch ein Fest werden können. So aber konnten die kopflastigen Analyse-Versuche der Regie, gespickt mit intellektuellen Floskeln, allenfalls einen Achtungserfolg verbuchen.