Sigi Schwab und Peter Horton: "Guitarissimo XL" und 20 flinke Finger begeistern im Deutschen Theater

von Achim Manthey

Guitarissimo XL, v.l. Andreas Keller, Sigi Schwab, Peter Horton, Tommi Müller (Foto: Veranstalter)

Nach fast 30 Jahren Pause gehen Sigi Schwab (71) und Peter Horton (70) wieder auf Tournee und liefern mit "Guitarissimo XL" im fast voll besetzten Deutschen Theater in München eine mitreißende Premiere ab.

Von 1978 bis 1984 waren die beiden Gitarrenspieler, die sich nie in eine intellektuelle oder gar musikalische Schublade stecken ließen, als Duo mit "Guitarrissimo" unterwegs und wurden international gefeiert. Dann war Schluss. Schwab und Horton gingen eigene Wege, ohne sich dabei ganz aus den Augen zu verlieren, wie sie heute sagen. Zeit also, es noch einmal anzugehen. Sie haben die Formation um den E-Bassisten Tommi Müller und Andreas Keller an Drums und Percussions ergänzt und um das neue Team herum mit "Guitarrissimo XL" ein neues Programm gebaut. Nach einer inoffiziellen Vorschau in Irsee war offizieller Tourstart am Montagabend im Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmaning.

Schon der Auftakt mit "Vorsicht Kamera" saß. Sigi Schwab hatte das Stück in den 1980er Jahren einem südamerikanischen Kollegen gewidmet, den alles interessierte, nur die Münchner Verkehrsampeln nicht, was auf die Dauer teuer und Auslöser für das Lied wurde. Schwab und Horton verstanden sich blind, Tommi Müller und Andreas Keller führten sich durch beeindruckende Soli ein. Die Harmonie der beiden Gitarristen beeindruckte den ganzen Abend über. Nur ganz kurz, im dritten Stück, schienen sie sich zu verlieren, als Horton etwas hinterher hinkte, um sich doch gleich wieder zu verbinden - und sich dann auch nicht mehr zu verlieren.

Sigi Schwab, 1940 geboren, studierte Gitarre und Kontrabass an der Musikhochschule Mannheim und war ab 1965 als Gitarrist beim Sender RIAS Berlin engagiert. An die 15.000 Titel hat er solo und mit den namhaftesten Orchestern und Interpreten eingespielt. Dabei blieb er stets ein Freigeist, ließ sich nie auf eine musikalische Stilrichtung festlegen. Wiener Klassik mit dem Diabelli Trio waren ebenso dabei wie Volksmusik mit dem Quellentrio, Jazz, Blues sowieso. Er ist als erster und einziger Nichtamerikaner Träger des "Ovation Award" und steht damit in einer Reihe mit internationalen Stars wie Al di Meola und Larry Corryell.

Der Österreicher Peter Horton, 1941 geboren, begann seine musikalische Laufbahn unter anderem als Wiener Sängerknabe, studierte zunächst Gesang und widmete sich erst mit 28 Jahren der Gitarre. Er spielte mit Davis Bowie, Robin Gibb und Harry Belafonte, tourte als Chansonnier und Entertainer durch die USA und hatte vielbeachtete Auftritte in Japan, Brasilien und Chile. Mit seinen Fernseh-Musikreihen "Café in Takt" in der ARD und "Hortons kleine Nachtmusik" im ZDF lieferte er über ein Jahrzehnt anspruchsvolle Fernsehunterhaltung, wie es sie heute leider nicht mehr gibt.

Die Meister: Peter Horton und Sigi Schwab (Foto: Veranstalter)

"Guitarrissimo XL" bietet ein anspruchsvolles, nicht durch stilistische Vorgaben eingeengtes Programm. Die beiden dürfen sich jede Freiheit nehmen und greifen da erfrischend heftig zu. Klassisches, wie "Invention No. 1" von Johann Sebastian Bach in einer Bearbeitung von Schwab oder klassisch inspiriertes wie "Cosmic Guitar" hat da seinen Raum, beides ganz zauberhaft und kongenial begleitet durch die Percussion von Andreas Keller. Natürlich gibt es Jazziges zu hören, Blues, auch Schwabs "Blue Serenade". Vieles ist bekannt und durch das für die neue Formation neu arrangierte doch kaum wiederzuerkennen.

"Ein Mann geht auf dem Asphalt", der Klassiker von Peter Horton, oder die "Ballade für Anna", eine von Sigi Schwab komponierte Filmmusik, sind zu hören. Heiter-ironisches wie "Count down", eine musikalische Persiflage auf das österreichische Raumfahrtprogramm, das überall, nur nicht im Raum stattfindet und meditative fernöstliche Gedanken zeigen die musikalische Vielfalt. Zum Schluss, weil jedes Konzert ein geordnetes Ende haben muss, wie Sigi Schwab mitteilte, ein Medley mit dem Titel "Was wir Ihnen immer schon spielen wollten", in dem Andreas Keller das Publikum mit einem mehr als fünf-minütigen Schlagzeug-Solo zu Beifallsstürmen hinriss.

Zwei Zugaben, zuletzt Sigi Schwabs sentimental-schönes "No more love songs". Nicht enden wollender Beifall des Publikums. Zu Recht. Und  der Abend bot - von den Altmeistern abgesehen - mit dem Drummer Andreas Keller eine sensationelle Entdeckung. Unglaublich, was der Mann drauf hat. Alle Schattierungen sind dabei: zärtlich, einfühlsam, fast kammermusikhaft, und dann wieder laut, knallig, fast brutal rockend. Da beginnt gerade eine große Karriere.

Es war ein Abend mit großer Musik, unprätentiös, uneitel und charmant präsentiert. In Zeiten wie diesen, in denen "es statt Brettern mehr Bohlen sind, die die Welt bedeuten", wie Peter Horton in einer Ansage meinte, tun solche Abende ausgesprochen wohl.

Die nächste Gelegenheit, "Guitarrissimo XL" im Münchner Raum zu sehen, besteht am 24 März 2012 in der Stadthalle Germering.

 

Veröffentlicht am: 16.11.2011

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