Mit Fink in der Freiheiz Halle: Licht aus und Wärmen an der Dunkelheit
50 Konzerte in zwei Monaten – noch nie waren Fink so lange am Stück auf Tour. Ihre vorletzte Station führt die Musiker nach München. Müde? Keineswegs. Gut aufeinander eingespielt, gleichzeitig minimalistisch und verspielt gelingt dem Trio ein richtig gutes Konzert.
Nein, es geht weder um einen Vogel, noch um die Hamburger Band, genauso wenig wie um den Trainer des HSV – Fink, das ist Finian Greenall. Vor fünf Jahren hat er Mischpult und Plattenteller ins Eck gestellt und seine alte Gitarre entstaubt. Obwohl er sich als DJ und Musikproduzent in England schon einen Namen gemacht hatte, war das ein erfolgreicher Tausch. Hat man seine Stimme einmal gehört, möchte man sie nicht mehr missen. Sofort fand er einen Bassisten und einen Schlagzeuger. Das Trio nennt sich wie er Fink und hat dieses Jahr mit "Perfect Darkness" bereits das vierte Album herausgebracht.
Dass Greenall, Whittaker und Thornton weniger zu den elektronischen Musikern, als zu den Singer-Songwritern gehören, wird schon bei der Auswahl der Vorsängerin deutlich. Die 19-jährige Rachel Sermanni erzählt, wie sie in einer abgelegenen Hütte in den Wäldern Schottlands ihr erstes Album geschrieben hat. Songwriting á la Justin Vernon also: Das lässt Düsternis und Innerlichkeit erwarten. Ihre Lieder klingen dann aber bisweilen nach Wellnessurlaub am Strand. "I'm a pirate now", singt sie und man mag es ihr nicht Recht glauben, so sehr muss man bei ihrer Stimme an Katie Melua denken. Und die kann man sich ja gar nicht mit einem Messer zwischen den Zähnen auf hoher See vorstellen. Glücklicherweise aber ist das Gitarrenspiel nicht allzu glatt gebügelt. Und es kommen ja noch Fink.
Auch das Licht macht die Musik
Für ihren Auftritt haben sie sich eine besondere Form der Beleuchtung überlegt. Rund 50 Schreibtischlampen stehen hinter den Musikern und am Rand der Bühne. Nur wenige leuchten stark gedimmt zu Beginn des Konzertes. Es ist ein warmes Licht, das man nicht in einer Konzerthalle erwartet. Eher ist es, als säße man nachts mit Fink an einem Tisch und das Licht reicht gerade, um ein paar Textzeilen auf Papier zu schreiben. Textzeilen wie "Deep water, stay under. See it rolling over your head and just roll with it, until it’s all good". Das singt Greenall im zweiten Lied des Abends: "Perfect Darkness". Ein Plädoyer für die Schönheit der Dunkelheit. Fink inszenieren die Weltflucht nach innen. Dorthin wo der Melancholiker kein Licht braucht, um zu Erkennen.
Doch gleich im nächsten Lied "Fear is like fire" fühlt man sich verloren. Wie Irrlichter blitzen einzelne Glühbirnen auf, die Nebelmaschine tut ihr übriges. Da halten sich die ersten an ihrem Nachbarn fest. Und dann erstrahlen im Refrain alle 50 Lampen, immer wieder. Und wenn man sich, wie von einem Leuchtturm neue Orientierung sowie einen Blick auf das Bühnengeschehen erhofft hat, so wird man getäuscht. Mehr Licht bringt nicht mehr Durchblick. Im Gegenteil. Es blendet, man muss die Augen schließen oder zu Boden blicken. "Find what’s underneath of us."

"Perfect Darkness": Schlagzeuger Tim Thornton, Gitarrist und Sänger Finian Greenall und Bassist Guy Whittaker
Denken wie ein DJ
Weichgespültes Wohlfühlprogramm ist das keines: Fink durchbrechen immer wieder die Songstrukturen, die man sonst von vielen Singer-Songwritern kennt. Greenall spielt in manchen ruhigen Passagen wie José González: Dieser harte Gitarrenanschlag und viel Hall. Und doch, während der eine zuletzt auf die Ergänzung durch ein ganzes Orchester setzte, reduzieren Fink ihren Sound immer wieder. Mit "Wheels" rollen sie zurück zum Blues und durchbrechen sonst gerne ihre Lieder mit langen Passagen, in denen nicht viel passiert. Dann wird die kleinste Variation umso bedeutender, wenn mal ein Basston, mal ein zusätzlicher Schlag auf die Snare einsetzt.
Man merkt, dass Greenall manchmal denkt, wie ein DJ. Das irritiert manchen Konzertbesucher. Doch andere reißen die Hände nach oben. Wie im Elektroschuppen, wenn endlich wieder der Bass wummert. Das Konzert wird zum Grenzgang zwischen den Genres. Die Musiker verstehen sich blind - im Bühnennebel sehen sie ja ohnehin nichts – und die Dynamik ist beeindruckend. Jeder macht das, was passt. Nie zu viel, nie zu wenig – höchstens zu kurz. Nach einem verspielten, effektbeladenen Dub-Inferno in "Sort of Revolution" geht das Licht an. Es blendet wieder. Viel zu früh.