Die Münchner Philharmoniker unter Lorin Maazel: Ein Bad im Impressionismus

von Volker Boser

 

Lorin Maazel (Foto: Deutsche Grammophon)

Nach dem Symphonieorchester des BR riskierte nun auch Lorin Maazel mit den Münchner Philharmonikern ein Programm, in dessen Mittelpunkt Musik des französischen Impressionismus stand. Und wie im Abo-Konzert des BR reagierten die Zuhörer erneut störrisch. Der Beifall hielt sich in Grenzen. Die Flucht eines großen Teils des Publikums vor dem letzten Stück des Abends – Debussys „La Mer“, das kurz vor zehn begann - war beschämend. Dabei hatte der Abend allenfalls einen Durchhänger: Der Besen des „Zauberlehrlings“ von Dukas trieb sein Unwesen reichlich behäbig.

Anstatt mit strikt eingehaltenen Tempi die Spannung zu halten, gönnte der Dirigent sich und dem Orchester immer wieder Oasen zum Ausruhen. Doch abgesehen von diesem manierierten Intermezzo  ließ sich erneut bestaunen, wie souverän und stilistisch unanfechtbar Lorin Maazel auch auf diesem kniffligen Terrain ist. Während seiner Zeit als Chefdirigent des Cleveland Orchestra  machte er eine kaum beachtete Einspielung von Ravels Ballettmusik „Daphnis et Chloé“. Sie setzt noch immer Maßstäbe.

Und auch in der Philharmonie räumte der Amerikaner aus Paris mit so manchem Vorurteil auf: Peinlich achtete er darauf, dass sich das Orchester allzu dick aufgetragenen Glamour verkniff. Ob Debussys „Jeux“ oder Ravels „Rapsodie espagnole“ – stets stand die rhythmische Struktur im Mittelpunkt. Die Farbenspiele in Debussys „Prélude à l´Après-midi d´un Faune“ und Ravels „Ma Mère l´Oye“ entwickelten sich natürlich, ohne nebulöse Effekthascherei. Maazel ist sich hier mit seinem französischen Kollegen Pierre Boulez einig: Das oft falsch verstandene Schlagwort vom musikalischen Impressionismus, der sich allenfalls in diffusen Andeutungen äußern darf, mag der Popularität einiger Werke von Debussy und Ravel genutzt haben. Aber es entsprach nie dem Willen beider Komponisten, die sich stets für eine deutliche und klare Transparenz in ihren Werken einsetzten. Einige Klavierrollen-Aufnahmen Debussys stellen dies mit Nachdruck unter Beweis.

Die Bereitwilligkeit, mit der die diesmal bestens disponierten, ansonsten oft launischen Münchner Philharmoniker auf die Wünsche ihres zukünftigen Chefs (ab 2012/13) reagierten, erstaunte – und lässt einiges erhoffen. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass auch Mariss Jansons  noch immer davon profitiert, was sein Vorgänger Lorin Maazel den Rundfunksymphonikern einst beigebracht hat.

Veröffentlicht am: 16.12.2011

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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