Die Münchner Philharmoniker mit Fausts Verdammnis im Gasteig: Spannend und kurzweilig
Oper oder Oratorium? Der französische Komponist Hector Berlioz hielt sich bedeckt: Er nannte "La Damnation de Faust" eine "dramatische Legende". Erst lange nach seinem Tod, im Februar 1893, gab es die erste Bühnenfassung des zweieinhalbstündigen Werkes. Im Gasteig begnügten sich die Münchner Philharmoniker mit der konzertanten Version.
Höllenfahrt, Verklärung, dazu der Tölzer Knabenchor - das Publikum hatte trotz der mittlerweile fortgeschrittenen Zeit - das Werk dauert zweieinhalb Stunden - ausgiebig Grund zu jubeln. Dass eine spannende und kurzweilige Aufführung gelungen war, ließ sich im Übrigen auch daran messen, dass die Zahl jener philharmonischen Abo-Snobs, die es schick finden, bereits zur Pause den Heimweg anzutreten, diesmal erstaunlich gering war.
Dabei ist die Liason zwischen dem Komponisten und Goethe nicht unproblematisch. Schauplätze werden verlegt, Szenenfolgen verändert, gelegentlich willkürlich, zumeist aber reichlich eigenwillig. Mit theatererprobter Souveränität gelang es dem Dirigenten Stéphane Denève, derzeit Chef beim Radiosymphonieorchester in Stuttgart, alle Extreme unter einen Hut zu zwingen. Die Münchner Philharmoniker durften die grotesken musikalischen Effekte - etwa in Auerbachs Keller - deftig und ohne schönfärbende Zurückhaltung präsentieren. Aber auch die stillen Traumbilder Marguertites erklangen mit bewegend leiser Nachdrücklichkeit.
Ein ausgewogenes Solistenensemble half dabei. An der Spitze der unverwüstliche José van Dam, mittlerweile 72, als Méphistophélès: nicht vordergründig böse, sondern hinterhältig verschlagen. Als Faust sprang kurzfristig Jean-Noel Briend ein, stilistisch überzeugend, wenngleich sein heller Tenor gelegentlich ein wenig angestrengt wirkte. Beatrice Uria-Mouzon nahm der Marguerite jeden Hauch von Lamoyanz.
Der Philharmonische Chor war von Andreas Herrmann prächtig vorbereitet worden. Die Tölzer Knaben veredelten das Finale. Die vielen schillernden Aspekte dieser herrlichen Musik waren genüsslich ausgekostet, nichts wurde unter den Teppich gekehrt. Auch deshalb sahen sich am Ende wohl viele Zuhörer in der Erkenntnis bestätigt, dass "La Damnation de Faust" auch ohne szenische Mätzchen glänzend bestehen kann, ja sogar an Eindringlichkeit gewinnt.
Nochmals am 29. Februar 2012, 20 Uhr im Gasteig