Khatia Buniatishvili als junger Star am Klavier in München: Als wäre eine Hundemeute hinter ihr her

von Volker Boser

Pedalgetränktes Gefühlsgeplänkel: Khatia Buniatishvili. Foto: Esther Haase/Sony

In Wien wurde sie zum „Raising Star“ der Saison gekürt. Mit Gidon Kremer absolvierte sie eine überaus erfolgreiche Europatourneé. Ihre Debüt - CD mit Werken von Liszt (Sony) hat die Charts erobert. Vielleicht wird die 24–jährige Georgierin Khatia Buniatishvili in ein paar Jahren zu den Top- Pianisten zählen. Wie ihr Münchner Klavierabend zeigte, ist es bis dahin aber noch ein weiter Weg.

Citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker: die olympische Devise von Pierre de Coubertin muss auf sie mächtigen Eindruck gemacht haben. Es gibt nichts, was sich nicht noch rascher, wilder und exzentrischer spielen lässt.

Etwa der „Mephisto“-Walzer von Liszt: bislang waren nicht wenige Kenner der Meinung, dass hier einst der legendäre Georges Cziffra die pianistischen Möglichkeiten bis an die Grenzen ausgelotet hat. Von wegen.

Khatia Buniatishvili donnerte das Stück mit so aberwitzigem Tempo in das vollbesetzte Prinzregententheater, dass man hätte glauben können, eine zu allem entschlossene Meute wütender Hunde sei hinter ihr her. Auch in den drei Chopin-Scherzi herrschte permanente Unruhe. Und wenn die Noten dann doch einmal zum Verweilen einluden, dann kam die Musik geradezu abrupt zum Stehen. Dass Chopin, aber auch Liszt im sinnlich verführerischen Des-Dur-Mittelteil seines Hexentanzes, mehr verlangen als pedalgetränktes Gefühlsgeplänkel wird die junge Gipfelstürmerin hoffentlich noch lernen. Derzeit scheint sie vor allem zeigen zu wollen, was sie technisch alles drauf hat.

In Schumanns C-Dur-Fantasie gelang der Beginn vielversprechend. Khatia Buniatishvili kann einen mächtigen, runden und niemals scharf klirrenden Klavier-Ton ins Feld führen. Leider spielte sie Schumann dann später so, als habe sie es mit Liszt zu tun, dem das Stück gewidmet ist. Die melodischen Strukturen waren lediglich angedeutet. Detail reihte sich an Detail.

Mit dem zugegebenen „Liebestraum“ von Liszt wies sie am Ende des viel bejubelten Abends noch einmal auf ihre CD hin. Im nächsten Monat wird sie mit den Philharmonikern unter Paavo Järvi das Grieg-Konzert musizieren.

Veröffentlicht am: 07.03.2012

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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