Mayer Hawthorne in der Muffathalle
Ziemlich lässig - ein Unbekümmerter zwischen den Zeiten
Der Retro-Trend hält an: Mayer Hawthorne bringt die Soulmusik der Sechziger auf die Bühne. Er ist das männliche Pendant zu Amy Winehouse, aber nur mit Mineralwasser und guter Laune auf der Bühne. In sich selbst hineingrinsend löst er ein, was er dem begeisterten Publikum zu Beginn verspricht: "This is not a concert. It's a show."
Zurück in die Zukunft: Das gilt nicht allein für Hawthornes Motown-Sound, der immer wieder von Hiphop-Rhythmen der Achtziger durchsetzt ist, nach eigenen Angaben auch von den Smashing Pumpkins, Nirvana und Public Enemy beeinflusst sein soll. Es gilt auch für seinen Kleidungsstil, eine wilde Kombination aber irgendwie stimmig: Graue Flanell-Fliege, weißes Hemd, taubenblaues Polka-Dot-Sakko. Dazu die Nerdbrille als Zeichen des Zeitgeists, und Air-Jordan-Sneakers.
In denen läuft er über die Bühne und sucht den Blickkontakt zu den weiblichen Besuchern in der ersten Reihe. Ausnahmslos von Liebe und Sex singend, schenkt er ihnen Gitarrenplektren mit Herzchenaufdruck. Und wenn's mit der Auserwählten mal wieder nicht geklappt hat, hört sich das in Hawthornes Liedern nie schlimm an. "Just ain't gonna work it out." Die Nächste bitte.
Hawthorne macht sich einen Rießenspaß. Per Handzeichen lässt er seine Band "The County" schweigen, steht still und fasst sich, lasziv lächelnd, an sein Sakko. Der Knopf springt auf, die Damen kreischen und der Sänger grinst wohl in sich hinein. Vor "Strange Arrangement" lacht er sogar laut ins Mikrofon. In der Rolle als Rampensau und Herzensbrecher gefällt er auch sich selbst. Endlich kann er ausleben, was er jahrelang unterdrückte, damals als Musiker in einer Metalband und als Hiphop-Produzent hinter seinem Mischpult.
Keine Frage, Mayer Hawthorne ist für die Bühne gemacht, selbstsicher und selbstironisch. Allein der begnadete Soulsänger ist er nicht. Zwar sind alle Lieder, für die er im Studio jedes Instrument selbst einspielte, hervorragend arrangiert - das kann aber nicht verbergen, dass seine Kopfstimme dünn ist. Keine Tiefe und Verletzlichkeit à la Aloe Blacc, keine Dynamik wie bei Raphael Saadiq oder seinem Idol Curtis Mayfield.
Gut also, dass alle vier Begleitmusiker der Band "The County" famos singen können. Sie stützen ihren Showmaster. Schade aber, dass selten ein Song länger als zwei Minuten dauert. Hawthorne hetzt zu schnell durch seine beiden Alben ("A Strange Arrangement", 2009 und "How do you do", 2011), er lässt fast keinen Song aus - ein Medley der extralangen Art, aber zu wenig Zeit für "Soul". Da kratzt nichts, keiner improvisiert. Die "EU-Setlist 2012" liegt zu Füßen der Musiker: Jeden Abend genau das gleiche Programm. Das ist der zu zahlende Tribut, wenn man das Konzert zur "Show" macht.
Aber sei's drum: Hawthornes simple Botschaft ist ansteckend. "Love, Peace and Soul", ruft er dem Publikum zum Abschied zu, nimmt noch einen Schluck Wasser und verschwindet. So schön und einfach kann alles sein. Warum auch nicht? Draußen wartet eine laue Frühlingsnacht.