Saisonvorschau der zwei Symphonieorchester

Mariss Jansons träumt von einem neuen Konzertsaal und Lorin Maazel kommt auf zwölf Programme

von Volker Boser

Ab September 2012 ist Lorin Maazel für drei Jahre Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Foto: wildundleise

Es ist Brauch, dass im Frühjahr die beiden großen Münchner Symphonieorchester ihre Programme für die kommende Saison vorstellen – eigentlich ein unspektakuläres Ereignis. Aber Klappern gehört mittlerweile zum Handwerk. Lorin Maazel, der neue Chefdirigenten der Philharmoniker, wurde mit dem Bayerischen Defiliermarsch empfangen, was immerhin Sinn machte. Für Mariss Jansons sang der Chor des BR das Spiritual „Joshua fit the battle of Jericho“ – womöglich als Ansporn gemeint, sich auch weiterhin für einen neuen Konzertsaal einzusetzen.

Zunächst schien es, als verspüre Mariss Jansons keine Lust, das leidige Thema erneut aufzugreifen. Doch lange konnte er nicht an sich halten. Er habe gelesen, dass es in München schon vier Konzertsäle gibt: „Was für ein Unsinn!“, meinte er, „genauso gut kann man dann ja auch die Fußgängerzone, den Circus Krone und den Englischen Garten dazu zählen“.

Während die Philharmoniker ihre Präsentation der neuen Saison im Gasteig locker angingen und die anwesende Musikprominenz von Schülern befragen ließen, waren beim BR die sich alljährlich wiederholenden Rituale Pflicht: Hörfunkdirektor, Chefdirigent, Chorleiter, Manager und Orchestervorstand machten sich gegenseitig Avancen. Bariton Christian Gerhaher schwärmte als „artist in residence“ von den Werken, bei denen er mitwirken wird, etwa Schumanns „Faust“-Szenen.

Mariss Jansons ist bereits seit 2003 Chefdirigent vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Foto: BR

Mariss Jansons dirigiert in München acht Programme. Seit seinem Amtsantritt hat sich die Zahl der Abonnenten nahezu verdoppelt. Deshalb gibt es eine neue Abo-Reihe an vier Samstagen in der Philharmonie. Lorin Maazel kommt auf zwölf Programme. Dazu die Auslandsreisen: Das BR-Symphonieorchester wird im Herbst in Tokios Suntory Hall sämtliche Beethoven-Symphonien aufführen sowie auf CD und DVD einspielen. Und auch die Philharmoniker begeben sich – drei Jahre nach ihrer Fernost-Reise mit Christian Thielemann - im nächsten Frühjahr erneut auf einen längeren Asien-Trip.

Schwerpunkte beim BR sind neben dem Beethoven-Zyklus, von Mariss Jansons als „wichtigstes Projekt“ favorisiert, Messiaens „Turangalila“-Symphonie und das „War Requiem“ von Britten, dessen 100. Geburtstag sich 2013 jährt. Lang Lang, Yefim Bronfman, Gidon Kremer, Maxim Vengerov und Yo Yo Ma werden als Solisten erwartet.

Das Defilée der BR- Dirigenten birgt hohes Niveau ohne Überraschungen: Riccardo Chailly, Alan Gilbert, Bernard Haitink, Herbert Blomstedt, Riccardo Muti, Esa Pekka Salonen und Simon Rattle - daran kann nichts falsch sein. Christian Thielemann bleibt ein Wunschkandidat: Mariss Jansons versprach, ihn noch einmal anrufen zu wollen. Zubin Mehta ist allgegenwärtig. Im Februar 2013 musiziert er zunächst mit den Philharmonikern und dann beim BR.

Dass das Orchester der Stadt mit jungen Gästen am Pult aufwartet, etwa David Afkam, Philippe Jordan, James Gaffigan, Theodor Currentzis und Pietari Inkinen, ist verständlich. Schließlich sucht es für 2015 schon wieder einen neuen Chef.

Die Programme sind - im münchnerischen Sinn – konservativ ausgewogen: Kein Abonnent braucht sich zu fürchten. Der Blick auf die Kasse ist erlaubt. Für moderne Musik hat der BR die Reihe „musica viva“. Die Philharmoniker müssen Neues von Gubaidulina, Kurtág oder Schuller mutig verstecken. In ihrem Faible für Beethoven sind sich beide Chefs einig. Auch Maazel klotzt, dirigiert neben der 5., 7. und 9. Symphonie die „Missa Solemnis“ und liefert auch gleich das Kontrastprogramm dazu: Puccinis „Bohème“, konzertant, mit jungen Sängern seines amerikanischen Castleton Festivals.

 

Weitere Infos unter mphil. de und br-klassik.de.

Veröffentlicht am: 12.04.2012

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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