Beastie Boy Adam Yauch ist tot

Der gutherzige Ruhige aus dem Wirbelsturm des weißen Hip Hop

von kulturvollzug

Die Stimmen New Yorks - und für Moses Wolff die Offenbarung in Unterföhring: Die Beastie Boys mit Adam Yauch (links). Foto: beastieboys.com

Zum Tode von Adam Yauch, der tiefen Stimme der Hip-Hop-Pioniere Beastie Boys. Ein sehr persönlicher Nachruf des Münchner Autors und Komikers Moses Wolff.

 

Die Theaterfabrik in Unterföhring war an jenem Abend im Jahre 1992 brechend voll. An einem Merchandising-Stand kaufte ich voller Stolz eine schwarze Baseballkappe, auf deren Vorderseite „Beastie Boys“ und auf deren Rückseite „Check your Head“ in weißer Schrift aufgeflockt war. Ich setzte sie sogleich mit dem Schild nach hinten auf und tummelte mich mit meinem Bier in die bereits euphorische Menge. Pünktlich um 20 Uhr kam DJ Hurricane aufs Podium und stimmte „So what you want“ an. Wie ein Wirbelsturm hüpften wenige Sekunden später die drei Beastie Boys dazu und rappten energiegeladen und frisch drauf los.

 

Sie rannten kreuz und quer über die Bühne, sprangen herum und legten das beste Konzert hin, dass ich - bis heute - in meinem Leben gesehen habe. Als ein junger Mann die nicht besonders originelle Idee hatte, sein halbvolles Bier samt Plastikbecher auf die Bühne zu werfen, sagte Adam Yauch ruhig und freundlich, die Zeiten der Bierduschen seien vorbei und das Publikum solle sich gefälligst ein wenig zusammenreißen.

 

Er war eigentlich immer das ruhigste Bandmitglied, oft der Schlichter, stets besonnen und gerecht. Am vergangenen Freitag (4. Mai 2012) ist er nach einem langjährigen Krebsleiden an der Ohr-Speicheldrüse in seiner Heimatstadt New York verstorben, was viele Fans - mich eingeschlossen - sehr mitnimmt.

 

Sein Tod ist für seine Frau, seine Tochter, seine Eltern, seine Bandkollegen, die Aktivisten gegen die Ungerechtigkeiten Chinas gegen das tibetanische Volk, sowie die gesamte Musikwelt ein furchtbarer Verlust. Und abgesehen davon liegt mit Yauchs viel zu frühem Ende leider auch die Vermutung nahe, dass das exakt ein Jahr vor seinem Tod erschienene Album „Hot Sauce Committee Part Two“ das letzte der Beastie Boys gewesen ist. Ein zusätzlich schmerzhafter Gedanke in dieser schmerzhaften Situation.

 

In der Highschool hatte sich Adam Yauch selbst das Bassspielen beigebracht. An seinem 17. Geburtstag, dem 5. August 1981, fand das erste Konzert der Band statt, die kurz danach die Beastie Boys werden sollten. Anfangs spielten sie Hardcore-Punk, Michael Diamond war der Sänger, Adam der Bassist, John Berry spielte Gitarre und an den Drums saß Kate Schellenbach, die spätere Gründerin der Alternative-Rockband Luscious Jackson. Rasch wurde eine Mini-Album namens „Polly Wog Stew“ aufgenommen (das zwölf Jahre später als „Some old Bullshit“ mit ein paar Bonus-Tracks neu aufgelegt wurde).

 

Adam Yauch, der aus Brooklyn stammt, hatte natürlich einige schwarze Kumpels und hörte seinerzeit neben Punk auch Grandmaster Flash, einen der damals schon berühmten Pioniere des Hip Hop. Als John Berry 1982 keine Lust mehr hatte, wurde er durch Adam Horovitz, den quirligen Sohn des Theater-Regisseurs Israel Horovitz, ersetzt. Lausbubenhaft überlegte man sich das Konzept für eine Single. Heraus kam ein einfach gehaltener Beat, zu dem Michael Diamond bei fremden Frauen anruft und sie fragt, ob er bei ihnen „Cookie Puss“ (gekochte Muschi) bekommen könne. Weitere Streiche folgten und nach einer wilden Tournee als Vorband von Madonna wurden sie auf der Suche nach einem Produzenten fündig: der große Rick Rubin produzierte unter der fürsorglichen Beratung von Jam Master Jay (Run DMC) das erste Hip-Hop-Album, das Platz 1 der US-Billboard-Charts erreichen sollte: Licenced to Ill.

 

Diesem folgten noch mehrere musikalische Meilensteine - und immer wieder sorgten die Beastie Boys für Aufsehen. Manchmal gab es Streit zwischen Michael Diamond (Mike D) und Adam Horovitz (King Adrock). Väterlich wusste Adam Yauch (MCA) jedoch den häuslichen Bandfrieden wiederherzustellen.

 

Und auch politisch hatte dieser Mann einen starken Gerechtigkeitssinn, so setzte er sich zeitlebens für das tibetanische Volk ein, gründete den Milarepa Fund (eine ehrenamtliche Organisation zum Schutze der Tibeter), organisierte nach dem Anschlag vom 11. September 2001 Benefizkonzerte für die Opfer - und auch im privaten Bereich war sein Engagement groß und idealistisch. Hatten Freunde Probleme seelischer, finanzieller oder gesundheitlicher Art - Adam Yauch war stets zur Stelle.

 

Unter dem Pseudonym „Nathaniel Hornblower“ führte er bei diversen Beastie Boys-Musikvideos Regie, drehte Dokumentationen (unter anderem über das Zeichengenie Maurice Sendak) und legte (diesmal unter seinem echten Namen) mit der erweiterten Version von „Make Some Noise“ als „Fight For Your Right Revisited“ ein wahres Meisterwerk hin, eine Hommage an alte Beastie-Boys-Tage und deren größten Hit „Fight for your right to party“ unter der Mitwirkung zahlreicher amerikanischer Stars wie Will Farrell oder Jack Black. Es sollte - wie wir nun wissen - sein letztes werden.

 

Die mittlerweile mehrmals von meiner Mutter vernähte und geflickte „Check your Head“-Kappe trage ich derzeit wieder. Im Gedenken an einen großartigen Menschen, der leider viel zu früh von uns gegangen ist.

 

Mögest du in Frieden ruhen, lieber Adam!

 

Moses Wolff

Veröffentlicht am: 06.05.2012

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