Kleine Kunst- und Kulturorte in und um München(2)
100 Jahre Flugplatz Schleißheim - Der Traum von Fliegen im Museum
Vor den Toren Münchens liegt Bayerns ältester noch aktiver Flugplatz. Und vor 20 Jahren hat das Deutsche Museum dort die Flugwerft eröffnet. Ein Besuch zum Doppel-Jubiläum.
Es ist schon abenteuerlich, mit was für Konstruktionen sich Menschen früher in Lüfte begaben. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Albrecht Ludwig Berblinger, besser bekannt als der "Schneider von Ulm", einen Hängegleiter entwickelt, mit dem er am 31. Mai 1811 vor den Augen des Herrschers gnadenlos abstürzte. Erst mit Otto Lilienthal kam 1891 frischer Wind in die Fliegerei. 1903 hoben die Gebrüder Wright im amerikanischen Kitty Hawk mit dem ersten motorisierten Fluggerät ab und kamen fast 100 Meter weit. Der Siegeszug der Fliegerei war nicht mehr aufzuhalten. Sehr bald erkannten auch die Militärs, dass diese neue Art der Fortbewegung in der Luft für sie nützlich sein könnte.
Prinzregent Luitpold von Bayern verfügte zum 1. April 1912 die Aufstellung einer Fliegerstaffel und bestimmte Schleißheim als Standort. Die Otto-Doppeldecker des Typs "G1", mit denen die königlich-bayerische Fliegertruppe in den Anfangsjahren ausgestattet wurde, waren im wahren Wortsinn noch recht windige Geräte. Bis 1920 diente Schleißheim militärischen Zwecken. Danach zog die Deutsche Verkehrfliegerschule ein, die unter anderem auf Flugzeugen des Fliegerpioniers Udet schulte. Die Nazis bauten den Flugplatz groß aus, was bekanntlich und glücklicherweise auch nicht half. Nach dem 2. Weltkrieg wurde er zunächst von der US-Armee, danach von den Heeresfliegern der neu gegründeten Bundeswehr genutzt. Heute ist dort die Fliegerstaffel Oberschleißheim der Bundespolizei stationiert und sechs Luftsportvereine starten und landen dort.
Im Gebäude der ehemaligen Kommandantur eröffnete 1992 das Deutsche Museum eine Depandance: Die Flugwerft Schleißheim. In dem modernen gläsernen Anbau lässt sich ein umfassender Überblick über die Geschichte der Luftfahrt von den Anfängen bis heute gewinnen. Rund 30 Flugzeuge, Hubschrauber und Flugzeugmotoren aus der militärischen und zivilen Fliegerei sind zu sehen. Auch drei Brennstufen einer Rakete aus der Raumfahrt sind ausgestellt. Und von einer Galerie aus kann man den Restauratoren bei ihrer Arbeit an den Schmuckstücken der Luftfahrt zusehen. Eine umfassende Darstellung der Geschichte des Schleißheimer Flugplatzes ist in der Dauerausstellung, die durch zahlreiche Pläne, Zeichnungen und Modelle ergänzt wird, zu betrachten.
Zum runden Geburtstag des Flugplatzes zeigt die Flugwerft noch bis Ende Januar 2013 die Sonderausstellung "Schleißheim und die Flugplätze der Region München". Mit Dokumenten, Fotos und Modellen wird die Geschichte der Start- und Landeplätze seit Beginn des 19. Jahrhunderts erzählt.
Begonnen hatte es mit einem militärischen Testgelände auf dem Münchner Oberwiesenfeld, wo später der erste Münchner Verkehrsflughafen entstand. Der erste "richtige" Flugplatz, 1910 in Puchheim gegründet, kommt vor, Riem natürlich bis hin zum neuen Großflughafen im Erdinger Moos weit vor den Toren der Landeshauptstadt. Und dann gibt es diese vielen kleinen, unscheinbaren Flugplätze, die häufig gar nicht als solche zu erkennen sind und für Start und Landung einfach eine Wiesenfläche nutzen. Man merkt der Ausstellung an, wie mühsam es war, genug Material zusammenzubringen. So finden auch Landeplätze für Rettungshubschrauber an Krankenhäusern Erwähnung. Interessant zu erfahren ist immerhin, dass dort, wo heute unweit von Bad Aibling im Chiemgau weit sichtbar die weißen Spionageanlagen der Amerikaner beheimatet sind, einmal ein Flugplatz lag. Ein Hauch von Abenteuer liegt bis heute über der Fliegerei, wie man in der Schau sehen kann.
Flugwerft Schleißheim, Ferdinand-Schulz-Allee in Oberschleißheim, täglich 9-17 Uhr, Weihnachten und Silvester/Neujahr geschlossen. Anfahrt über A 99, Ausfahrt Neuherberg oder Leopold- und Ingolstädter Straße In München, Abfahrt Flugwerft Schleißheim. Die Sonderausstellung läuft bis zum 27. Januar 2013.