Stephanie Lottermoser beim Munich Jazz Summer in der Unterfahrt
Sie hat die Siebenmeilenstiefel an
Francois Faure, Stephanie Lottermoser, Peter Cudek, Magnus Dauner, Ferdinand Kirner. Foto: Michael Wüst
Mit ihrem Hit „Step Ahead“ von der aktuellen CD „Good Soul“ hatte sie bereits letztes Jahr einen großen Schritt nach vorn gemacht. Nun erleben wir Stephanie Lottermoser mit Band in leicht variierter Besetzung an fünf ausverkauften Tagen in der Unterfahrt mit musikalischen Riesenschritten. Und nach der letzten Vorstellung ist sie schon auf dem Sprung ins Studio zur nächsten Produktion. Bekräftigt dies unter anderem mit ihrer Version von „These Boots Are Made For Walking“.
Aber natürlich: Diese ganze Band steht auf großem, sicheren Fuß. Rhythmisch ist die Funk-Energie dieses Kraftwerks so sicher, dass man darin in Zukunft noch Quantensprünge und –Tänze erwarten dürfte. Die Solidität der Rhythmusgruppe mit Peter Cudek (E-Bass), Francois Faure (Keyboards), Magnus Dauner (Schlagzeug) und Ferdinand Kirner an der E-Gitarre erlaubt Verflechtungen, harmonisches In- and Out-Spiel, rhythmisches Gerade gegen Ungerade, bei gleichwohl stabilem Groove.
Nach „Step Ahead“, dem Aufreißer mit dem Michael Brecker-Lick der linken Hand zum flageolierten „irregulären G“ (nach Fis ist beim Tenorsaxofon oben Schluss), stellt Stephanie Lottermoser ihr erstes Stück vor, das während des gerade zu Ende gegangenen Pariser Stipendiums entstanden ist: „Coxinelle“, der Marienkäfer. Was brummt da durch den Raum? Ein einziges Thema oder ein notiertes Solo? Das balladenhafte Stück geht von der gewohnten Thema-Solo-Thema-Form weg und verwebt die einzelnen Teile. Wie bei den anderen neuen Stücken, wie „Pink“, „Grease“, „Suddenly“ und „Mobile Railroad Landscape“ verschmelzen scheinbar die Abschnitte, werden aufgetrennt eher im Stil, in der Spielweise. Attackierende Akzente mit Intervallsprüngen am Saxofon wechseln mit schnellen Legato-Läufen.
Scharf und explizit stehen die Soli der anderen Musiker dagegen. Ferdinand Kirner fegt virtuos über die Saiten, bleibt harmonisch glasklar lesbar, Peter Cudek, der am E-Bass im Stück oft sehr stark Ostinato mit den Keyboards spielt, bricht sehr funky hervor und braucht dazu gar kein „Slappen“. Francois Faure an den Keyboards hüllt den Raum unablässig in 70er Jahre-Electro-Teppiche à la Hancock, gegen die der Rest der Truppe mit Akzenten ankämpft, vergeblich einen festen Standpunkt fordert gegen eine stets ausweichende Wand, eine Chimäre, die dennoch Struktur hinterlässt: aber eben nur im Widerpart der Kollegen. Klangdialektik. Und firmiert schon wieder woanders. Fließende Architektur. Magnus Dauner, der lange, optimal teamtauglich, alle Viere gerade sein lässt, dreht zum Schluss gewaltig auf und fordert mit Triolen zum Ausbruch auf. Dagegen steht nun wieder der Rest mit seinen unverrückbaren Leitsatz-Riffs.
Wie lange wird der Ausbruch zu kontrollieren sein? Blitzte da inmitten nicht das Auge des Tigers auf? Munich Jazz Summer!