The Asteroids Galaxy Tour im Atomic Cafe
Sternenstaub aus den 60ern live im Wohnzimmer
Die dänische Band The Asteroids Galaxy Tour steht seit 2007 für 60er-Jahre Retropop. Ihre Gitarrenriffs verankern sich direkt im Stammhirn, die Basslines knipsen das Licht im Unterbauch an, die Bläsersequenzen beamen Flash Gordon und Barbarella vors geistige Auge. Kein Kunststück, Sängerin Mette Lindberg und Produzent Lars Iversen experimentieren zuhause in Kopenhagen mit allen möglichen Synthesizern. Dass das Ganze auf der Livebühne fast noch besser wirkt als vom Tonträger, ist bemerkenswert.
„Die Bühne ist so klein!“ Schon zum fünften Mal spielen AGT im Atomic Cafe. Trotzdem kann Mette Lindberg, ebenfalls nicht riesig, den Ausruf nicht zurückhalten, als sie vor der Menge erscheint. Mittlerweile ist die Kellerbar wirklich nicht mehr angemessen für die erfolgreichen Dänen, nicht zuletzt wegen der Akustik. Diese stimmt leider nur im Mittelstreifen vor der Bühne so richtig. Wer links und rechts davon steht, muss im Kopf ständig den verschobenen Klang ausgleichen – was gerade beim neuen, psychedelisch beeinflussten Asteroids-Programm „Bring us together“ anstrengt. „Jedesmal, wenn wir hier auftreten, heißt es, der Laden schließt bald, es ist das letzte Mal“, plaudert Lindberg mit dem Publikum, „was meint ihr, schließt er wirklich?“ Es bleibt ein Geheimnis, ob sie das bedauern würde. Fest steht, dass die Band nur zwei Tage zuvor im höchst beliebten Le Divan du Monde in Paris spielte und wohl auch deshalb nicht allzu aufgeregt vor die Münchner tritt.
Zunächst gibt es Stoff vom neuen Album, „Navigator“ und „My Club“. Synthesizer hin oder her, an Lindbergs Stimme ist keine Elektronik beteiligt: Sie singt wirklich so: Hoch, amerikanisch mit dänischem Akzent, etwas quietschend, rau, und doch geheimnisvoll weiblich. Ein Geist aus Woodstock? Jedenfalls ist nichts verstärkt oder gemauschelt, wie sie vor allem im rockigen „Choke it“ beweist.
Lindbergs Anziehungskraft geht jedoch von ihrem Wesen aus. Gespreizte Sängerinnenposen sind ihr fremd. Statt mit der freien Hand ihren Gesang nachzumalen, schlendert sie herum, wippt im Takt, fährt sich durch die Haare, lächelt vereinzelt in die Gegend. Gelegentlich zieht sie auch ihr Smartphone und fotografiert die Menge. Oder sie plaudert kurz mit dem Mischpult. Ihr Blick ist glänzend, lebensfroh, stark – wer einen einfängt, ist gerne Atomic-Ölsardine.
Das unwiderstehliche Bläser-Sample aus „My Club“ stammt ja ursprünglich aus dem 60er-Jahre-Song „Le coeur au bout des doigts“ von Jacqueline Taieb. Dieses und andere Samples und Riffs mit Asteroids-Appeal, etwa den Sternenfunk oder das Doors-Keyboard in „Heart Attack“, bringen Lars Iversen, Gitarrist Mikkel Baltser, Schlagzeuger Rasmus Valldorf und der Rest der Tourband authentisch, gewürzt mit unvollkommenem Charme, auf die Bühne. Wobei die Musiker entspannt sind wie ihre Sängerin: Sie ziehen die T-Shirts aus, spielen mit nacktem Oberkörper, trinken wie im Wohnzimmer.
Nur 70 Minuten dauert der Auftritt. Das ist nicht viel, wo doch ältere Hits, wie etwa die Zugabe „The Golden Age“, fantastisch ankommen. Aber wer spielt schon länger im Wohnzimmer einer Stadt? Nächstes Mal sollte man diese ideenreiche Band, die München zum Glück regelmäßig auf dem Schirm hat, in einen echten Partykeller einladen.