Bühnen
Mayenburgs "Stein" im MarstallGrundstein für eine falsche Legende
Ein wenig spröde, diese deutsch-deutsche Familiengeschichte: In "Der Stein" handelt Marius von Mayenburg sechzig Jahre Geschichte ab. Und fordert den Zuschauer mit seinen Zeitsprüngen arg. Im Marstall feierte die Inszenierung von Sarantos Zervoulakos Premiere. » weiterlesen
Luk Perceval inszeniert James Joyces "Exiles" an den KammerspielenBilder einer Ausstellung
Oft gibt es gute Gründe dafür, dass selten gespielte Theaterstücke so selten gespielt werden. James Joyces einziger Dramentext "Exiles" ist so ein Beispiel. Das Kammerspiel verhandelt auf recht moderne Weise die Liebe als erstarrte, nicht gelebte Sehnsucht. 1919 wurde der Drei-Akter an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Unter Luk Percevals Regie ist das Stück nun dorthin zurückgekehrt. Die aktuelle Inszenierung zeigt, wie schwer es ist, einen künstlerischen Ausdruck für nicht gezeigte Gefühle zu finden. » weiterlesen
Das Bayerische Staatsballett mit "Paquita"Federleichte Story, gefährlich schwieriger Tanz
Französischer Besatzer verliebt sich in spanische Zigeunerin, die sich letztlich als seine adlige Cousine erweist. Zwischendrin wollen die Spanier ihn ermorden. Voilà, die Handlung von "Paquita", der neuesten Klassiker-Rekonstruktion des Staatsballetts, ist leicht wie Soufflé - doch bei näherem Hinsehen ist es dann doch ein gut durchtränkter Christmas-Pudding. Choreograf Alexei Ratmansky und Choreologe Doug Fullington haben Marius Petipas Original von 1881 rekonstruiert - und dieses steckt voller technischer Unverfrorenheiten und komplizierter Pantomimen. Eine harte Nuss für das Ensemble wie für die Zuschauer. » weiterlesen
"Schlagobers" von Richard Strauss mit dem Gärtner-Ensemble in der ReithalleSahnebombe aus skurriler Mixtur
Richard Strauss nannte sein Ballett „Schlagobers“ selbstkritisch eine „läppische Konditorei-Angelegenheit“. Wenn man es wortgenau choreographiert, dann gäbe es darin blumengeschmückte Fiaker zu sehen und jede Menge Leckereien: Lebkuchen, Zwetschgenmännchen, Bonbons, Torten und jene riesigen Töpfe, in denen die köstliche Sahne zum Naschen bereit steht, die man in Österreich Schlagobers nennt. Um dieses Ambiente herum eine Tanzgeschichte zu basteln, ist schon sehr mutig. Ein Firmling nascht beim Kaffeehausbesuch zu viel von allem, was einen Krankenhausaufenthalt unumgänglich macht. Es ehrt den Choreographen Karl Alfred Schreiner, „Schlagobers“ für das Gärtnerplatztheater in der Reithalle wiederentdeckt zu haben. Auch wenn man danach keine große Lust mehr verspürt, sich erneut damit beschäftigen zu wollen. » weiterlesen
"Pension Schöller" in der DrehleierEin toller Spaß ist doch diese Verrücktheit!
Eine zeitreisende Pension mit ihren eigenwilligen Gästen macht in der Drehleier Halt: Die unsterbliche „Pension Schöller“. Theaterchef Werner Winkler inszeniert den Dauerbrenner des deutschsprachigen Boulevard-Theaters in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1890 mit Frische, Witz und Tempo. Verblüffend. Ohne Konstruktionen oder zeitliche Anpassungen eines Regietheaters gelingt mit Werktreue zum alten Stoff die Animation einer Posse über moderne Zeiten. » weiterlesen
Im Probensaal mit dem Choreografen Alexei Ratmansky"Wir wissen doch gar nicht mehr, was klassisches Ballett ist"
Alexei Ratmansky (46) ist im Moment der begehrteste klassische Choreograf. Der Bolschoi-Tänzer und bis 2008 auch -Direktor arbeitete unter anderem für die Pariser Oper, das Mariinsky Ballett und das American Ballet Theatre. Den Prix Benois erhielt er 2005. Nun studierte er mit dem Bayerischen Staatsballett eine Rekonstruktion von „Paquita“ ein – an der Seite des Harvard-Choreologen Doug Fullington, der die Original-Notationen nach Choreograf Marius Petipa entzifferte. » weiterlesen
Funny van Dannen mit neuem Album, Peter Pichler mit der Uraufführung einer HuldigungGeile Paradies-Welt im Schwere Reiter
13 Alben hat der Berliner Liedermacher Funny van Dannen bislang veröffentlicht, er ist ein Monolith der skurrilen Poesie. Nach langen zweieinhalb Jahren ist nun „Geile Welt“ erschienen, 17 neue Songs, die sozusagen in großer Besetzung eingespielt wurden, also mit „richtiger“, voll elektrifizierter Band. Und die rockt ab, dass man eigentlich auch gleich die mit van Dannen eng verbandelten Toten Hosen hätte nehmen können. Es klingt ungewohnt voll und laut, denn van Dannen ist viele Jahre ein puristischer Solopoet mit Lagerfeuer-Gitarre gewesen. Es passt aber gut genug, dass dies es sein neuer Stil für längere Zeit sein dürfte. Er selbst lässt jedenfalls ausrichten, „so glücklich wie noch nie nach einer Plattenproduktion“ zu sein. Zudem: In München wird ein lustiges Stück über van Dannen uraufgeführt, eine Hommage von Peter Pichler. » weiterlesen
Ballett im Theater Augsburg mit "Romeo und Julia" von Sergei ProkofjewLakonisch von der Schwärmerei zur verzweifelten Liebe
Man hat ihm Zeit gelassen, und er hat sie genutzt. Seit 2007 ist der Amerikaner Robert Conn Ballettchef am Theater Augsburg. Sieben Jahre nach seinem Amtsantritt kann der ehemalige Tänzer im Stuttgarter Ballett die Früchte seiner hartnäckigen Arbeit ernten. Vor allem die Ensembleszenen in Young Soon Hues Choreographie von Prokofjews „Romeo und Julia“ zeigen perfekt abgestimmtes Teamwork, das auch in weitaus berühmteren Compagnien nicht selbstverständlich ist. Aber diese Präzision hat ihren Preis. » weiterlesen
Yvonne Pougets "La Cattedrale nel Vento"In der liebevollen Umarmung Ganeshas
Es bleibt dabei, Yvonne Pougets Gesicht ist ein Schauspiel für sich. In ihrem neuen Stück "La Cattedrale nel Vento" spielt sie damit Scham und Verzweiflung, aber auch Hoffnung und Lebensdurst. Ihre vom japanischen Butoh inspirierten Pantomimen verknüpft sie obendrein mit den Darbietungen von Tänzern, Sängern und Musikern, so dass sich das Ganze zum bunten Trattoria-Abend auswächst. Das ist skurril, witzig, aber auch ein bisschen beliebig. » weiterlesen
Die Gärtnerplatz-Produktion "Wiener Blut" im CuvilléstheaterOperetten-Kitsch pur in einem verdammt lässigen Dreivierteltakt
Ganz am Ende, nach zwei Stunden zuckersüßer Operetten-Seligkeit, mag so manchem Besucher dann doch das eine oder andere böse Lied von Georg Kreisler eingefallen sein. Etwa jenes: „Was wäre Wien ohne Wiener?“ Nicht auszudenken. In Nicole Claudia Webers Neuinszenierung der Operette „Wiener Blut“ von Johann Strauß für das Gärtnerplatztheater, die jetzt im Cuvilliéstheater Premiere hatte, wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Kein Klischee fehlt. Ein bayerischer Engel und einer aus Wien wachen über das Geschehen. Der eine mit einer Brezn, der andere mit einer Weinflasche beschäftigt, Pointen durch die Lupe, Hauptsache: Man amüsiert sich. Dieses mit viel Engagement angestrebte Ziel wurde mit Bravour erreicht. » weiterlesen