Bühnen
Das Gärtnerplatztheater mit "Cosi fan tutte" im CuvilliéstheaterVor kalter Kachel mit Tamtam in Ohnmacht fallen
Aufgeklärte Opern-Besucher wissen es längst: Mozarts „Cosi fan tutte“ ist kein Boulevard-Häppchen, das sich bequem genießen lässt. Zu viel steht zwischen den Zeilen, weniger im Text, der die Treue zweier Paare einer billigen Wette opfert, dafür umso mehr in der Musik, die sich immer wieder auf der Seite der betrogenen Frauen befindet. Für den Dirigenten dieser Neuproduktion des Gärtnerplatztheaters im Cuvillièstheater keine leichte Aufgabe: Zu Beginn flüchten sich Michael Brandstätter und das sehr direkt musizierende Orchester in Aufgeregtheit. Doch spätestens im Abschiedsterzett des ersten Aktes kapituliert die derbe Hektik vor dem schmerzlichen, überhaupt nicht ironisch gemeinten Ernst Mozarts. Musikalisch lässt sich dieser „Cosi“ kaum etwas vorwerfen. » weiterlesen
"Lulu" von Alban Berg an der Bayerischen StaatsoperMännertraum mal anders
Eigentlich ist alles ganz einfach: Alban Bergs Oper „Lulu“, die jetzt im Nationaltheater Premiere hatte, beginnt mit dem Zirkus-Auftritt eines Tierbändigers, der die Anforderungen an die Titelheldin sehr präzise auf den Punkt bringt: „Sie ward geschaffen, Unheil anzustiften, zu locken, zu verführen, zu vergiften – und zu morden, ohne dass es einer spürt.“ Eben eine „Femme fatale“, wie wir sie aus den meisten Inszenierungen der Vergangenheit kennen. Doch der russische Regisseur Dmitri Tcherniakov hatte es sich anders überlegt. Seine Lulu, rothaarig und stets adrett weiß gekleidet, besitzt die Verführungsqualitäten einer jener emanzipierten Jung-Managerinnen, die nein sagen, aber ja meinen, wenn es um die Frauenquote geht. So souverän Marlis Petersen die Partie auch meistert – als glaubhafte Persönlichkeit ist sie allenfalls eine interessante Alternative. » weiterlesen
Das war das Klangfest 2015 im GasteigVoll wie nie
Das sechste Klangfest im Gasteig brach, zumindest was den Ansturm des Publikums anging, alle bisherigen Rekorde. Vorsichtig geschätzt deutlich über 10.000 Musikfreunde, hauptsächlich aus der Generation Silver Ager, schoben sich geduldig ineinander und voreinander her. Irgendwann waren die Schlangen hinsichtlich ihres Ziels nicht mehr zu unterscheiden, man stand sozusagen pauschal für die Konzerte in Black Box, Kleiner Konzertsaal und Carl-Orff-Saal an. Ein gelegentlicher Abstecher ins Überflutungsbecken Open-air-Bühne brachte mit klassisch kühlen Pfingstwetter etwas Erfrischung. 32 Konzerte. » weiterlesen
AC/DC im Münchner OlympiastadionSehr nett, zum Teufel noch mal
Und es brach die Hölle los, denn die Schleusen des Himmels taten sich auf: Im brachialen Münchner Mai-Dauerregen versammelten AC/DC nach sechs Jahren wieder die große und generationenübergreifende Hardrock-Familie im Olympiastadion. Es war (am ersten von zwei Abenden, 19.5.2015) ein knackig-konzentrierter musikalischer Vortrag, doch angesichts einer endgültig kindgerechten Volksfestisierung wehte auch ein Hauch von flauem Abschied durchs weite und wetteroffene Rund. » weiterlesen
Das Gärtnerplatztheater mit "Dr. Faust jun." in der ReithalleMan ahnt die Pointen nur, und man ist verstimmt
Mit Goethes „Faust“ ist nicht zu spaßen – vor allem nicht hierzulande, wo selbst Gounods gleichnamige Oper aus falsch verstandener Ehrfurcht lange Jahre „Margarete“ hieß. Noch vor Jacques Offenbach hat der französische Komponist Florimond Ronger alias Hervé (1825 – 1892) eine Reihe von Parodien auf berühmte literarische Vorbilder verfasst, deren bekannteste den Dichter Cervantes und dessen „Don Quichotte“ aufs Korn nahm. „Le petit Faust“, oder wie das Gärtnerplatztheater seine Ausgrabung nennt: „Dr. Faust jun.“, wurde 1869 in Paris uraufgeführt – und ist seitdem vergessen. » weiterlesen
L-E-V mit „House“ bei Dance 2015 im Carl-Orff-SaalVom raschelnden Techno-Sound zum Barry-White-Grusel und zurück
Dass die elektronische Musik in ihren populären Formen seit den 90er Jahren die semantischen Räume unserer Welterfahrungen verformt hat, bestätigt „House“, eine Produktion der Gruppe L-E-V mit den Choreografen Sharon Eyal und Gai Behar - nicht nur. Die sechs Tänzer um Sharon Eyal verfügen über einen Bewegungscode, der sie in die Lage versetzt auf der Grundlage der elektronischen Musik die neuen Räume auch zu öffnen. » weiterlesen
Kathak und Voguing bei Dance 2015 in Muffathalle und Carl Orff-SaalKreons Schicksal auf dem Laufsteg
Retro ist out, genug des 70er-Jahre-Jazzdance! Das Festival Dance hat endlich den Mut, modernere Tanzgattungen zu zeigen: Voguing aus New York, choreographiert von Trajal Harrell, sowie indischen Kathak mit Blick auf Bangladesch, inszeniert von Helena Waldmann, sind die zwei besten Beispiele. Auch wenn die Stücke "Antigone Sr. (L)" und "Made in Bangladesch" ihre Schrullen haben, ist es eine Wohltat, Neues zu sehen. Niemand braucht sich zu sorgen, dass die Underdog-Styles nicht mithalten können: Waldmanns Tänzer zeigen in teils herausragender Qualität die Tradition des indischen Tanzes, bei Harrell bringen Laufsteg-Queens die Halle zum Toben. » weiterlesen
Eröffnung von Dance 2015 mit Kaori Ito und Saburo TeshigawaraDas Virus ist angekommen
München zeigt sich als Stadt des modernen Tanzes. In vollbesetzter Muffathalle und gut gefülltem Carl-Orff-Saal führen zwei internationale Festival-Headliner japanischer Herkunft das Münchner Dance 2015 an. Kaori Ito, Regie und Choreografie, mit „Asobi. Adult Game“ und Saburo Teshigawara mit „Landscape“. » weiterlesen
Nina Hümpel über das von ihr kuratierte "Dance 2015""Innovativ sein heißt offen sein für fremde Künste"
Ab 7. Mai geht "Dance 2015", das Münchner Festival für zeitgenössischen Tanz, zum zweiten Mal mit Nina Hümpel als Kuratorin über die Bühne. Kulturvollzug traf die Tanzwissenschaftlerin und Chefredakteurin von "Tanznetz.de" zum Interview. "Noch wenige Tage", freut sie sich auf den Eröffnungstag. Alles läuft nach Plan - und für künftige Festivals hat sie noch eine Menge Ideen. » weiterlesen
"not in my name" von Dali Touiti im Schwere ReiterKosmische Körperszenen
In die schwarze Ursuppe der Nacht fällt ein erstes Wort: Held. Einsetzender Groove. Ein zweites, zuerst nicht zu identifizierendes Wort. In seiner dämonisch, elektronisch zerlegten Codierung erkennen wir: Dreck. Dann wurde Licht. Der Tänzer und Choreograf Dali Touiti zeigte im Schwere Reiter „not in my name“. » weiterlesen