Erstaunlich, wie sie sich anpasst: Superstar Anna Netrebko und die Ensemblekultur in Salzburg
Sogar im Orchestergraben des Großen Festspielhauses waren zusätzlich Stühle aufgestellt worden, sicher nicht wegen der zu Beginn ziemlich uncharmant musizierten Haydn-Symphonie (Nr.104) oder wegen des „Stabat Mater“ von Rossini, wohl auch nicht wegen des Dirigenten Antonio Pappano und seiner Crew von der römischen Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Aber auf dem Programmzettel stand der Name Anna Netrebko. Sie könnte den Flohwalzer singen – und der Saal wäre voll.
Mit Ovationen gefeiert wurden am Ende des Konzerts aber nicht nur die russische Diva, sondern alle Mitwirkenden gleichermaßen. In Rossinis „Stabat Mater“ ist kein Platz für Stimm-Egozentriker. Ensemblekultur heißt die Devise. Und einmal mehr war zu bestaunen, mit welchem Ernst Anna Netrebko sich anzupassen versteht, diesmal den ausgezeichneten Solisten Marianna Pizzolato (Mezzo), Matthew Polenzani (Tenor) und Ildebrando D´Arcangelo (Bass).
Ein kurioses Werk: Marschmusik erklingt, wenn Maria zu ihrem gekreuzigten Sohn aufblickt. Rossinis „Stabat Mater“ ist alles andere als ein traurig-lethargischer Klagegesang. Die musikalischen Einfälle bleiben dem religiösen Text einiges schuldig. Aber wer wollte da schon pingelig sein. Oper, Belcanto und A-cappella-Stil sind schwungvoll zu einer Einheit zusammen gefügt. Und so glanzvoll präsentiert wie von Chor und Orchester der Accademia Nazionale di Santa Cecilia hört man dieses Werk, das Richard Wagner einst als „opernhaft oberflächlich“ abtat, ohnehin selten.
Dem Dirigenten Antonio Pappano gebührt denn auch trotz Superstar Anna Netrebko die Palme: Stets fand er die richtige Balance zwischen Effekt und Glamour. Von den Münchner Orchestern wird er noch immer sträflich vernachlässigt. In Salzburg darf er 2013 Verdis „Don Carlo“ dirigieren. Man kann sich schon jetzt darauf freuen.