Siemens geht vom Bayreuther Hügel: Der Ausstieg eines Hauptsponsors verschärft die bedrohliche Gesamtlage im Hause Wagner
Nach nur vier Jahren stellt Siemens sein finanzielles Engagement für die Bayreuther Festspiele ein, um sich "anderen Projekten zuzuwenden".
Im Moment kommt es happig für die Festspiel-Leitung. Wim Wenders mag den Ring nicht neu insszenieren. Der Bundesrechnungshof rügt zu Recht die dubiose Kartenvergabe, in der Promis aus Politik und Showgeschäft unangemessen bevorzugt werden. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen unerlaubter Deals gibt es auch. Darüber hinaus sind die Kritiken an den aktuellen Inszenierungen vernichtend.
Und jetzt dies: Siemens, einer der Hauptsponsoren, hat angekündigt, sein finanzielles Engagement ab sofort zurückzuziehen. Seit 2008 hat der Konzern das Public Viewing auf dem Bayreuther Volksfestplatz und die Internet-Übertragungen mit knapp einer Million Euro jährlich unterstützt. Damit ist nun Schluss. In einer Pressemitteilung des Unternehmens heißt es, man wolle "ganz bewusst immer wieder neue Akzente setzen und neue Wege gehen". Man wolle sich anderen Projekten zuwenden. Dies sei "schon vor vielen Monaten mit der Festspielleitung besprochen" worden.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Skandalen, die das Haus Wagner derzeit schütteln, lässt sich auf den ersten Blick nicht herleiten. Gleichwohl scheint es so, als verließe hier eine Ratte das sinkende Schiff. Dem Vernehmen nach hat Siemens schon vor Monaten den Rückzug angekündigt. Ob ein Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen besteht, ist derzeit zumindest nicht belegbar. Merkwürdig nur, dass sich die Festspielleitung hier wieder einmal verschlossen wie eine Auster gibt. Hier wie dort eiert man herum, wie es scheint.
Das Signal, das von diesem Rückzug ausgeht, ist allemal fatal. Es ist ganz offenkundig, dass die Festspiele nach dem Abschied Wolfgang Wagners, der den Laden immerhin noch mehr schlecht als recht zusammenhalten konnte, massiv an Ansehen eingebüßt haben. Die Gerüchte über freie Plätze im sonst angeblich auf Jahre ausgebuchten Festspielhaus sprechen Bände.
Die Leiterinnen der Festspiele, Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier, ein Doppelpack, bei dem immer Zweifel blieben, ob er im Interesse der Festspiele überhaupt zusammen passt, werden sich etwas einfallen lassen müssen nach dem Ausstieg einer der Hauptsponsoren. Es könnte ja sein, dass im Hause Wagner jemand ins Grübeln kommt angesichts der bedrohlichen Lage, die sich in diesem Jahr eingestellt hat auf dem Hügel. Das könnte 2013 zum 200. Wagner-Geburtstag Aufbruch bedeuten. So weitermachen wie bisher wird jedenfalls nicht mehr gehen.