„Ritter Blaubart“ im Theater Augsburg
Ein verrückter Ritter und ein Schwächeanfall
Viel Aufregung bei der Premiere von Rezniceks Oper „Ritter Blaubart“ im Theater Augsburg: Zehn Minuten vor Schluss brach Dirigent Dirk Kaftan am Pult zusammen. Intendantin Juliane Votteler reagierte am schnellsten. Sie bat das Publikum, sitzen zu bleiben und abzuwarten. Nach einer Viertelstunde dann die Entwarnung: es sei „nur“ ein Schwächeanfall gewesen, offenbar ausgelöst durch eine Virusinfektion. Solorepetitor Samuele Sgambaro dirigierte das Stück zu Ende.
Rezniceks „Blaubart“, 1920 in Darmstadt uraufgeführt, verschwand nach zehn Jahren von den Spielplänen. Kein Wunder. Die Story um den irren Adeligen, der nacheinander seine Frauen ins Jenseits befördert, wurde schließlich auch von anderen musikalisch ausgiebig gewürdigt: heiter ironisch von Offenbach, expressiv dramatisch von Bartok. Die aufgemotzten Reminiszenzen an Wagner, mit denen Reznicek kokettierte, mögen schon damals überflüssig gewesen sein. Warum einer Kopie nachlaufen, wenn man das Original haben kann?
Dennoch: Der szenische Wiederbelebungsversuch durch das Theater Augsburg, zehn Jahre nach einer konzertanten Aufführung in Berlin, machte zumindest neugierig. Manfred Weiß inszenierte die drei Aufzüge in der Gewissheit, dass allzu viel Aktionismus nur schadet. Die Sänger agierten in Kostümen der Entstehungszeit. Der verrückte Titelheld (Stephen Owen) sah ein wenig aus wie Emil Jannings im „Blauen Engel“, und das machte durchaus Eindruck.
Weil der Komponist immer wieder Lust verspürte, das Werk durch riesige Orchesterzwischenspiele zu dehnen, kam die Regie auf die einleuchtende Idee, Handlungsengpässe mit stummen filmischen Passagen zu füllen (Patrik Metzger) - natürlich in authentischem Schwarz-Weiß, damit die historische Atmosphäre gewahrt blieb. Diese Video-Einspielungen gehörten zu den stärksten Momenten des Abends.
Augsburgs Sänger-Team wartete diesmal, mit Ausnahme von Sally du Randt (Judith) und Mark Bowman-Hester als blinder Diener Josua, mit höchstens durchschnittlichen Leistungen auf. Was auch damit zu tun hatte, dass es sich auf unbekanntem Terrain bewegte. Bis zu seinem Blackout hatte Dirk Kaftan das prächtige Philharmonische Orchester Augsburg souverän im Griff. Ein bisschen weniger Hochdruck hätte gelegentlich gut getan. Der Beifall war höflich und steigerte sich erst, als der aus seiner Ohnmacht erwachte Dirk Kaftan erschien, blass und unsicher. Dass Rezniceks „Blaubart“ zu Unrecht übersehen wird, dafür bot die engagierte Aufführung allerdings nur wenig Argumente.