Theater
"Elektras Krieg" von Nino Haratischwili an der SchauburgPeer Boysen stilisiert das Stück zu Tode
Vielleicht war ja alles ganz anders? Agamemnon wurde nicht von seiner Frau erschlagen, sondern beging Selbstmord? Sohn Orest will als Kriegsheimkehrer nichts mehr vom Morden wissen? Tochter Elektra nährt als Wohnzimmer-Terroristin ihre Rachelust aus falschen Vorstellungen? Die Autorin Nino Haratischwili verrückt in ihrer Antiken-Version „Elektras Krieg“ alle bekannten Perspektiven und blickt auf jede Position von zwei Seiten. Ein spannendes Stück - leider nicht das richtige für Peer Boysen (Regie und Ausstattung), der es blutleer abstrahiert in der Schauburg für Jugendliche ab 14 Jahren inszenierte. » weiterlesen
Abdullah Kenan Karaca über seinen "Gatsby" im Volkstheater„Nur Liebesgeschichte und Glamour interessieren mich nicht"
Mit elf stand der türkische Bub bei den Oberammergauer Passionsspielen auf der Bühne, mit 20 wurde er Regieassistent bei Christian Stückl am Volkstheater, vor anderthalb Jahren gab er dort sein Regiedebüt. Seine Inszenierung „Arabboy“ war ursprünglich als Produktion für den Jugendclub gedacht - jetzt steht sie immer noch auf dem Spielplan. Inzwischen studiert der 24-jährige Abdullah Kenan Karaca in Hamburg Regie und inszeniert nun zum zweiten Mal am Volkstheater: „Der große Gatsby“ hat heute (15.10.2013) auf der Kleinen Bühne Premiere. Max Wagner spielt den Millionär Gatsby, Constanze Wächter dessen große Liebe Daisy. » weiterlesen
Yannis Houvardas inszeniert am Residenztheater "Die Ratten"Auch morgen kommt kein Weihnachtsmann
"Erfinden Sie sowas mal, Herr Direktor!“ Das sagt der Naturalismus-Verfechter Spitta den Theaterleuten, die als Voyeure auf der Bühne gerade eine Unterschicht-Tragödie miterlebt haben. Dass Menschen aus dem Volk Dramenfiguren sein können - für diese Meinung hat der dem hehren schillerschen Bombast verpflichtete Theaterdirektor Spitta als Ratte beschimpft. In seiner Tragikomödie „Die Ratten“ führte der Naturalist Gerhart Hauptmann 1911 den Gegenbeweis mit der Putzfrau John als Tragödin. Die Ratten sind die Armen, die mit sozialen Ideen aufrührerisch den Staat unterminieren - so meinte es Hauptmann sarkastisch im Kaiserreich 1911. Der Grieche Yannis Houvardas inszenierte im Residenztheater ganz ohne Aktualisierungen eine düstere Studie über Armut und Glückssehnsucht. » weiterlesen
„Doppelhamlet“ von Bösediva im Schwere ReiterWenig Hamlet, dafür Hintern und Hoden
Als Zauderer ist er in die Weltliteratur eingegangen: Sein oder nicht sein, handeln oder nicht handeln? Das Berliner Künstlerduo Bösediva spaltet den wehrlosen Shakespeare-Helden in einen „Doppelhamlet“: Ja-Sager und Nein-Sager. Robin Detje und Elisa Duca brechen in ihrer performativen Installation das Problem herunter auf die simple Frage, was jeder Einzelne gegen das Faulen des Staates tun kann. Antworten hat Bösediva in der Koproduktion des Pathos München mit den Berliner Sophiensälen allerdings nicht. » weiterlesen
Zum Auftakt von Ali Khans neuem Programm "Tourette Tour"Handlungsreisender in Deftigkeitskurzware
Schlachthof. Am Eingang zum Saal wird gestempelt. Langsam versammeln sich die Gäste zur Kabarettbeschau. Tourette-Tour heißt der Abend von Ali Khan, dem geschassten Moderator von Radio Charivari. Nach gut 1000 Radio- Shows besinnt sich der mediale Tausensassa auf frühere Tugenden und präsentiert so etwas wie eine Multi-Media-Szeneria-Nabelshow. » weiterlesen
"Amerika" von Franz Kafka in den KammerspielenEs war einmal ein Land, es wurde ein Stummfilm
Land der unbegrenzten Möglichkeiten, schöne neue Welt? So schön ist das Land nicht für den aus Prag nach Amerika geschickten Karl Roßmann. Es wirft ihn nach unerwartetem Glück hart auf die Straße. In dem 1911 bis 1914 entstandenen Romanfragment „Amerika“ hat Franz Kafka, der Amerika nie gesehen hat, Utopie und Dystopie zugleich entworfen. Die 32-jährige Regisseurin Julie Van den Berghe aus Gent hat 2011 mit Duras' „Agatha“ eine respektable Visitenkarte abgegeben. Nun inszenierte sie in der Spielhalle der Kammerspiele „Amerika“ als Stummfilm-Hommage mit den multifunktionalen Mitteln des armen Theaters. » weiterlesen
Csaba Polgár inszeniert "Julius Cäsar" am VolkstheaterDas Volk stampft letztlich alle in den Boden
Na, das ist mal eine interessante Tötungsart: Die Meuchelmörder schleppen den zappelnden Cäsar zur Schuhputzmaschine und klemmen seinen Kopf zwischen die Schleifräder, an denen er eingangs genüsslich seine Pumps polieren ließ. Der 31-jährige Ungar Csaba Polgár zeigte bei „Radikal jung“ 2012 einen furiosen „Coriolan“. Jetzt hat er im Volkstheater Shakespeares „Julius Cäsar“ inszeniert - auch ein Stück über Macht, Volk und Herrscher, Ideale und Realpolitik. So überzeugend wie bei „Coriolan“ gelang Polgár hier die Umsetzung jedoch nicht. » weiterlesen
Johan Simons inszeniert "Dantons Tod" in den KammerspielenWar dieser Typ nicht doch ein Feigling?
Vor 30 Jahren war der junge Pierre Bokma beim Regiedebüt von Johan Simons dabei. Bokma wechselte zu anderen Theatertruppen, spielte lang bei der Toneelgroep Amsterdam und erhielt gerade zum zweiten Mal den wichtigsten niederländischen Theaterpreis Louis d'Or. Johan Simons wurde ein bedeutender europäischer Regisseur und 2010 Intendant der Münchner Kammerspiele. Seitdem ist Pierre Bokma dort fester Gast. Er erzählt: „Nach fast 20 Jahren haben wir uns wieder getroffen und auf einem Bierfilz den Vertrag gemacht, wieder zusammenzuarbeiten. Das tun wir seitdem kontinuierlich.“ Nun inszeniert Simons „Dantons Tod“ von Georg Büchner, Bokma spielt den Danton. » weiterlesen
Lambert Hamel über Tina Laniks "Hotel Capri" im Cuvilliéstheater"Es geht darum, was Sehnsucht bedeutet"
Zwei Jahre hat man ihn in München vermisst. Aber schon vor dem Resi-Abschied von Dieter Dorn, zu dessen Ensemble er seit 1974 gehörte, wusste Lambert Hamel, dass er auch unter Dorns Nachfolger Martin Kusej am Resi arbeiten würde. Jetzt ist das passende Stück da. In „Hotel Capri“ von Thomas Jonigk spielt Hamel den alternden Werner von Späth, der in einem schäbigen Pensionszimmer seinen Jugendgeliebten wiedersehen will. » weiterlesen
„The King's Speech“ in der Komödie im Bayerischen HofDas ist doch wirklich mal der Rede wert
Der alte Grieche Demosthenes soll sich seine Sprachstörung mit Kieselsteinen im Mund abtrainiert haben. Der Herzog von York und spätere englische König George VI. fand 1925 einen Sprechtherapeuten, der aus dem Stotterer Albert einen passablen Redner machte und lebenslang sein Coach blieb. Nach dem oscargekrönten Welterfolg des Films „The King's Speech“ 2011 drängt jetzt auch das ursprüngliche Theaterstück des Drehbuchautors David Seidler auf die Bühnen. In der Komödie im Bayerischen Hof inszeniert Regisseur Helmuth Fuschl, Götz Otto meistert die Herausforderung des Handicaps überzeugend. » weiterlesen